In den vergangenen Tagen gab es in der Türkei vier brutale Morde an Frauen. Bedriye Işık wurde in Amed von ihrem Ehemann getötet, der Täter war Gefreiter der türkischen Armee. In Mersin-Mezitli wurde Sonay Öztürk von ihrem vermeintlichen Liebhaber erwürgt. Ein Doppelfeminizid in Istanbul löste ebenfalls grosses Entsetzen aus: Der gleiche Täter ermordet Ayşenur Halil und Ikbal Uzuner. Der Täter zerstückelte Ikbal und stürzte sich dann selbst von der Stadtmauer. Er war bereits vorher polizeibekannt und mehrmals in psychischen Einrichtungen. Er hatte schon in der Vergangenheit gewaltvolle Äusserungen gegenüber Frauen gemacht.
Laut der Plattform “Wir werden Feminizide stoppen” (KCDP) sind in der Türkei dieses Jahr bereits 292 Frauen ermordet worden. Somit vergeht in der Türkei kein einziger Tag ohne einen Feminizid, wobei nicht einmal die Fälle von versuchten Feminiziden mitgezählt werden. Zudem müssen wir davon ausgehen, dass es eine Dunkelziffer an Gewalttaten gibt, über die Medien nicht berichten.
Die Fälle lösten eine Welle von Demonstrationen aus, welche sich auch gegen die Regierung und die Polizei richten. Gerade die Polizei bietet keinen Schutz für Betroffene, Anzeigen werden ignoriert, die Betroffenen werden nicht ernst genommen. Auch der türkische Staat beteiligt sich an der patriarchalen Unterdrückung. Erst 2021 trat die Türkei durch ein Dekret des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan aus dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (auch bekannt als Istanbul-Konvention) mit der Begründung aus, es schade der Einheit der Familie und fördere Scheidungen. Die Plattform KCDP, welche von Familienangehörigen von Feminizidopfern und Frauen aus verschiedenen Organisationen gegründete wurde, sah sich 2022 mit einem Verbotsverfahren konfrontiert, da sie nach Ansicht der türkischen Behörden gegen „Gesetz und Moral“ handeln.
Wir wollen unsere Kraft und unsere Solidarität zu unseren Schwestern in der Türkei schicken, die sich dem patriarchalen System trotz jeder Repression, trotz jeder Gewalt Tag für Tag entgegenstellen. Die Fälle zeigen, dass jeder Protest notwendig ist, ob in der Schweiz, der Türkei oder sonst irgendwo. Zusammen können wir die Welt verändern!