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Feminizid

Was es zum doppelten Feminizid in Hägendorf und Egerkingen auch noch zu sagen gibt

Das Thema Sorgerecht ist seit Jahren zentral in antifeministischen und maskulinistischen Kreisen, deren Mantra lautet, Männer seien heute grundsätzlich benachteiligt. Das Sorgerecht werde einseitig ausgelegt und automatisch den Müttern zugesprochen, ist auch auf maenner.ch zu lesen. Die vier Beispiele auf der Homepage des «Dachverbands Schweizer Männer- und Väterorganisationen» zeigen aber schon bald, dass es weniger um das Kindeswohl geht. Die Titel lauten: Kostspielige Zeitspiele, Hälftig betreuen, einseitig zahlen, Zahlenspiele für Zahlväter, Wenn die Kindsmutter einfach wegzieht.

Nein, den «sorgenden Vätern» geht es nicht darum, ihre Kinder öfter zu sehen – sie wollen weniger Unterhalt bezahlen und die Kontrolle über ihre Ex-Partnerin behalten. Wer sich nicht von Anfang an benachteiligt fühlte, dem ergeht es spätestens nach dem Kontakt mit den sogenannten Männer- und Väterorganisationen so, die sich nicht zu schade sind, emotionale Ausnahmesituationen wie Trennungen auszunutzen. Dazu kommen oft wunderliche esoterische Männlichkeitsrituale und Kurse, um sich in seiner Männlichkeit zu stärken und sich unter Männern zu treffen, die für viel Geld angeboten werden.

Wen wundert’s, wenn das Ganze irgendwann in offenen Frauenhass umschlägt. Der kanadische Forscher Francis Dupuis-Déry hat sich in seinem Buch «La crise de la masculinité» mit den Gründern von maskulinistischen Organisationen in Quebec auseinandergesetzt. Die meisten waren schon mit Gewalt an Frauen aufgefallen. Auch in der Schweiz wird Gewalt an Frauen unverhohlen verharmlost. Kleines Müsterchen gefällig? Wir zitieren von der Homepage der «Schweizerische Vereinigung für gemeinsame Elternschaft»:

«Der Leitfaden, welcher als Positionspapier im Auftrag der Kantonalen Konferenz der Polizei- und Justizdirektorinnen und -direktoren (KKJPO) und der Konferenz der Kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren  (SODK) erarbeitet wurde, […] dient nun als Grundlage für die Schweizerische Praxis. Dieses Positionspapier erachten wir allerdings als «problematisch». Der Leitfaden orientiert sich am Frankfurter Leitfaden und dieser wiederum an der Istanbul-Konvention. […] Die Kritik richtet sich gegen die einseitige Betrachtung der Thematik «häusliche Gewalt». Der Anhang 11 […] spricht nur von spricht nur von Gewalt gegen Frauen, diese Betrachtung ist nicht inklusiv und dient der gemeinsamen Bekämpfung in keiner Weise.»

Sehr aktives Mitglied dieser Vereinigung ist der Mitte-Politiker Oliver Hunziker, der auf seiner Homepage das Thema «Häusliche Gewalt» bespricht. Erster Eintrag: «Täter und Opfer – Eine schwierige Unterscheidung». Hunziker ist wiederum bei «Gleichstellung Aargau», der kantonalen Gleichstellungsstelle, involviert. Auch dieses Vorgehen ist seit über fünfzehn Jahren bekannt und geläufig: Öffentliche Gleichstellungsgelder für maskulinistische Anliegen abzweigen. Gleichzeitig fehlt es massenhaft Plätze in Frauenhäusern und der Kanton Bern will die Notruflinie «AppElle» einstellen…

Der doppelte Feminizid und der Mord in Hägendorf und Egerkingen zeigen einmal mehr, dass wir Maskulinismus auch in der Schweiz als Problem ernst nehmen müssen. Das Patriarchat tötet – und der Maskulinismus feuert es dabei an und giesst Öl ins Feuer.

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Feminizid

17. und 18. Feminizide in der Schweiz im Jahr 2025

Sie waren Mutter und Tochter, sie wurden am 17. Juni in der Nähe von Solothurn getötet.

Als die Zeitungen schrieben, dass im Kanton Solothurn ein Paar und eine Frau getötet wurden, war uns bereits klar, dass es sich wahrscheinlich um einen Mann handelte, der seine Partnerin oder seine Ex und deren Eltern getötet hatte. Nur wenige Stunden später bestätigten sich unsere Befürchtungen. Wir wussten, dass das Paar in Hägendorf wohnte und im Ruhestand war. Ihre Tochter war 38 Jahre alt und hatte eine Keramikwerkstatt. Sie hatte einen achtjährigen Sohn, der zum Zeitpunkt des Mordes in der Schule war. Nach dem Dreifachmord ging der Mann in die Schule und versuchte, seinen Sohn abzuholen, doch die Lehrerin hinderte ihn daran und folgte den Anweisungen der Mutter. Das Sorgerecht für die Kinder zu nutzen, um zu versuchen, eine Ex-Partnerin zu kontrollieren, ist eine Technik, die häufig von besitzergreifenden Männern angewandt wird.

Während der Kampf gegen den zunehmenden Faschismus und Maskulinismus im Mittelpunkt der Mobilisierungen zum feministischen Streik am 14. Juni stand, steigt die Zahl der Feminizide weiter. Männer töten Frauen und queere Menschen, weil sie es können. Weil der Staat und seine Institutionen es ihnen erlauben. Aber dieses System, das cis-Männern die Kontrolle über die Körper von Frauen und queeren Menschen ermöglicht, bekommt Risse.

Denn die feministische Bewegung ist stark und entschlossen! Wir werden nicht locker lassen und weiterkämpfen, um das Andenken an all unsere Geschwister aufrechtzuerhalten, die durch patriarchale Gewalt ermordet wurden. Wir vergessen euch nicht!

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Feminizid

16. Feminizid in der Schweiz im Jahr 2025

Am 14. Juni wurde eine Frau in Martigny (VS) getötet. Wir wissen nicht mit Sicherheit, wer der Täter ist.

Aus den Medien haben wir erfahren, dass die Polizei kurz nach Mitternacht von einer Drittperson kontaktiert worden ist. Die Frau war schon verstorben, ihr Ehemann liegt schwerverletzt im Spital. Die Walliser Kantonspolizei will nicht mehr kommunizieren, bevor der genau Tathergang nicht geklärt sei.

Weshalb wir uns trotzdem entschieden haben, den Tod der 50-jährigen Frau als Feminizid zu betrachten:

1. Ein Feminizid ist nicht in jedem Fall eine „Beziehungstat“

Auch wenn es in den Medien noch immer oft so dargestellt wird, ist der Täter im Falle eines Feminizids nicht unbedingt der (Ex-)Partner. Ein Feminizid ist ein Mord, der durch die strukturelle Gewalt an Frauen und Personen, die als Frauen gelesen werden, ermöglicht wurde. Feminizide beruhen auf patriarchalen Vorstellungen, wie eine Frau sich zu verhalten habe und wer über ihren Körper bestimmen darf. In manchen Fällen steckt hinter einem Feminizid auch reiner Frauenhass. In jedem Fall hat der Feminizid mit dem (zugeschriebenen) Gender der getöteten Person zu tun.

2. Es war keine Zufallstat

Wie vorhergehend festgestellt, ist nicht relevant, ob der Ehemann oder eine andere Person für den Mord verantwortlich ist. Die 50-Jährige wurde aber bei ihr zu Hause getötet und die Polizei hätte auf jeden Fall kommuniziert, falls sie davon ausginge, dass eine unbekannte Person in die Wohnung eingedrungen ist oder es sich um einen Raubmord handelte. Unsere verstorbene Schwester kannte also den Täter. Eine Person aus ihrem Umfeld fühlte sich im Recht, ihr das Leben zu nehmen. Dieses ultimative Besitzergreifen des weiblichen Körpers ist für uns eine der Definitionen eines Feminizids.

3. Wir kehren die Vermutung um

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass die Polizei (insbesondere die Walliser Polizei) nur in wenigen Fällen über die weiteren Untersuchungsergebnisse berichten. Die Statistiken zeigen uns aber, dass wenn Frauen und als Frauen gelesene Menschen in der Schweiz gewaltsam sterben, es sich mehrheitlich um einen Feminizid handelt. Deshalb kehren wir ab jetzt die Vermutung um: Bevor bewiesen ist, dass es sich nicht um einen Feminizid handelt, gehen wir von einem Feminizid aus.

Wir haben genug davon, wie die Polizei und die Justiz im Namen der Unschuldsvermutung oder der Wahrung der Privatsphäre Feminizide verschleiern. Wir lassen uns nicht mehr vorschreiben, wie und wann wir um eine getötete Schwester trauern und welche Worte wir verwenden. Der Begriff „Feminizid“ wurde eingeführt, weil wir eine politische Definition brauchen für diese Taten, die so viele unserer Geschwister dem Leben entreissen. Wir brauchen diese politische Definition, weil die Justiz nicht auf unserer Seite steht und uns nicht schützt.

Deshalb trauern wir um unsere getötete Schwester aus Martigny, deren Leben am 14. Juni 2025 durch einen Feminizid ausgelöscht wurde. Wir drücken ihren Liebsten unser tiefstes Mitgefühl aus und wir werden ihren Tod nicht vergessen.