Am 10. April wurde eine Frau in Epagny (FR) getötet.
Eine weitere Woche, ein weiterer Feminizid. Wie so oft wissen wir mehr über den Täter, als über die Getötete. Doch sie war mehr als ein weiteres Opfer patriarchaler Gewalt, sie war ein Mensch, sie hatte Hobbies, sie hatte Freuden und Leid. Sie hatte Menschen, die sie liebten und die sie vermissen werden. In Gedanken sind wir bei ihnen und bei unserer getöteten Schwester.
Einmal mehr wurde nicht nur ein Leben ausgelöscht, der Täter hat auch das Haus, in dem der Mord stattfand, angezündet. Ein tragisches Muster wiederholt sich: Sogar der tote Körper soll verschwinden. Feminizide sind mehr als ein Mord, es geht darum, eine Person sogar über ihren Tod hinaus zu kontrollieren.
Wir sind traurig, wir sind wütend. Wir drücken den Menschen, die sie geliebt haben, unser tiefes Beileid aus.
Dennoch wollen wir weder strengere Gesetze, mehr Polizeikontrollen noch härtere Strafen. Denn wir wissen: Das führt nicht zu weniger Gewalt, zu weniger Feminiziden. Das Schweizer Rechtssystem beruht auf der Idee der Strafe und der Vergeltung. Wie im Falle unserer getöteten Schwester von Epagny entziehen sich die Täter diesen oft durch Selbstmord.
Um die schwarze Serie der Feminizide in der Schweiz zu durchbrechen, braucht es ein radikalen Umdenken. Jeder noch so kleine Akt von patriarchaler Gewalt muss vom Umfeld, muss von uns allen angesprochen werden. Den Tätern muss bewusst werden, dass sie noch rechtzeitig etwas ändern können und müssen.
Wir sind alle gefordert und wir alle sind, was es braucht, um eine andere Welt zu schaffen, in der patriarchale Besitzvorstellungen und Gewalt keinen Platz mehr haben. In dieser Welt hat auch die patriarchale Idee der Bestrafung keinen Platz.
Wir sehen uns morgen um 17 Uhr auf dem Ni-Una-Menos-Platz in Zürich für eine Kundgebung gegen Feminizide und für feministische Selbstverteidigung. Und im Mai in Bern für den Themenmonat “Abolish”, um über Alternativen nachzudenken und zu diskutieren.