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Statement

Ein Vierfachmord ist kein Familiendrama

Am letzten Donnerstag wurden in einem abgebrannten Haus in Yverdon-les-Bains fünf Personen tot aufgefunden, gestern Samstag hat die Waadtländer Polizei kommuniziert, dass alle Personen Schusswunden hatten und neben dem Vater eine Pistole gefunden worden war. Es werde von einem «Familiendrama» ausgegangen, schreibt die Polizei in ihrer Medienkommunikation. Alle bisherigen Medienberichte übernahmen diesen Ausdruck…

Die drei Mädchen wurden 5, 9 und 13 Jahre alt, die Frau 40 Jahre alt. Sie wurden höchstwahrscheinlich eine nach der anderen von ihrem Vater beziehungsweise Ex-Partner erschossen. Zweifellos ein Drama, aber eines, dem der Begriff «Familiendrama» nicht gerecht wird.

«Familiendrama» lässt verstehen, dass es sich um einen innerfamiliären Vorgang handelte, etwas, das zu Hause, im Privaten stattgefunden hat. Gewalt im häuslichen Umfeld hat aber immer einen soziale, gesellschaftliche Komponente (die sozialen Umstände, die dazu führen, dass eine Person Gewalt als eine Lösung sieht; wie wir in unserer Gesellschaft lernen, Beziehungen und Trennungen zu leben; die Tatsache, dass Gewalt immer noch weitgehend Bestandteil der Sozialisierung als Mann ist) und geht uns alle an.

Zu lange schon wird Gewalt gegen Frauen* als Privatsache abgetan, als eine Angelegenheit, die zwischen den zwei betroffenen Personen gelöst werden müsse. Je länger wir Begriffe wie «Familiendrama» benutzen oder akzeptieren, desto länger normalisieren wir diese Gewalt und machen sie möglich. Der vierfache Feminizid von Yverdon-les-Bains ist eine äusserst dramatische Erinnerung daran, dass wir die Augen nicht verschliessen dürfen.

Es gibt keine «Familiendramen», es gibt nur Gewalt, die uns alle etwas angeht und gegen die wir uns alle solidarisch und entschieden wehren müssen!