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Événement Statement

Rückblick auf die Demo gegen patriarchale Gewalt in Biel

Einige Eindrücke von der Demonstration in Form von Fotos und Mitschriften der Reden.

YJK-S – Union der kurdischen Frauen* Schweiz

Euer Krieg – Unser Blut
Wir begrüssen den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen* im Schatten von Konflikten und Kriegen, die von einem männlich dominierten Weltbild geleitet werden. In Palästina, im Sudan, in Afghanistan, in Kurdistan und leider an viel Orten mehr sind die Gesellschaften Massenmorden, Vertreibung und Migration ausgesetzt. Lebensräume werden zerstört, und das kulturelle und soziale Gedächtnis, dass Frauen* verschiedener Herkünfte tragen, wird bewusst ausgelöscht. Wir gedenken an diesem Tag mit Respekt und Dankbarkeit all jener Frauen*, die als Märtyrer*innen im Kampf für die Freiheit der Frauen* gefallen sind und die durch die Gewalt des patriarchalen Staates getötet wurden. Die patriarchale Denkweise bekämpft den Widerstand von Frauen rücksichtslos mit allen Mitteln. Von Männern dominierte Regierungen fürchten sich seit jeher zutiefst vor rebellierenden und sich organisierenden Frauen. Denn Frauen decken durch ihren Kampf zunehmend deren zerstörerische Politik auf und verschärfen den Widerstand. Dies zeigt sich heute immer deutlicher in den wachsenden Frauenbefreiungsbewegungen weltweit. Die grösste Kraft gegen dieses frauenfeindliche System ist heute die organisierte Macht der Frauen. Wir müssen die Stärke und das Erbe des Frauenkampfes – von den Mirabal-Schwestern über Sakine Cansız bis hin zu Rosa Luxemburg – annehmen und soziale und demokratische Werte neugestalten, indem wir unsere eigene Kraft entfesseln, durch Handeln kämpfen und uns im Kampf befreien. Geschlechtsspezifische Gewalt ist in erschreckendem Ausmass präsent. In Deutschland wurden im laufenden Jahr bereits über 250 Frauen durch tödliche Gewalt aus dem Leben gerissen, in der Schweiz sind es 28. Nach Schätzungen werden jährlich über 80.000 Frauen durch patriarchale Gewalt getötet – eine erschreckende Bilanz des globalisierten Feminizids.

Der Femizid an Dilan K., die Anfang November in Ludwigshafen von ihrem Ehemann vor den Augen ihrer Kinder ermordet wurde zeigt uns auch, dass wir unermüdlich an diesem Kampf beharren müssen, denn ihre Opfer sind unsere Weggefährtinnen. Solche Taten sind keine Einzelfälle, sondern Ausdruck eines tief verwurzelten patriarchalen Systems.
Die feminisierte Subjektposition wurde über Jahrtausende hinweg durch strukturelle, symbolische und physische Gewalt reglementiert, domestiziert und diszipliniert. Die soziale, kulturelle und politische Unsichtbarmachung von Frauen sowie die Aneignung ihrer Körper, ihres Wissens, ihrer Arbeit und ihrer Lebenszeit konstituieren die Grundlage dessen, was wir als geschlechtsspezifische Gewalt im weiteren Sinne fassen müssen. Diese Gewalt ist nicht privat, nicht punktuell, nicht individuell. Sie ist systematisch, global und eingebettet in die kapitalistische Moderne, deren Strukturprinzipien auf Geschlechterhierarchien, Kolonialität und Ausbeutung beruhen.
Wir Frauen, die wir gegen männerdominierte Denkmuster und jeglichen männlichen Reaktionismus kämpfen und die wir uns mit dem Ziel organisieren, dass keine einzige Frau unorganisiert bleibt, wissen, dass unser gemeinsamer und organisierter Kampf wichtiger denn je ist. Die Grundlage für eine geschlechtergerechte Gesellschaft liegt in der Reaktivierung kommunalistischer, egalitärer und ökologischer Formen des Zusammenlebens. Die patriarchale Moderne hat über Jahrhunderte hinweg emanzipatorische Praktiken zerstört: durch Kolonialisierung, Kapitalisierung, Technokratisierung. Der Aufbau von geschlechtergerechten Kommunen, von Solidarökonomien und partizipativen Entscheidungsstrukturen ist deshalb nicht nur Ziel, sondern Notwendigkeit.


Der 25. November ist für uns also kein Gedenktag, sondern ein politischer Moment. Wir begegnen ihm mit der Energie der Hoffnung und der Radikalität feministischer Praxis. Unser Ziel bleibt ein Leben frei von Gewalt –ökologisch, sozial, politisch, kulturell und epistemisch.
Es lebe der gemeinsame Kampf der Frauen. Jin, Jiyan, Azadî.

Sisters Domestic Violence

Ich stehe hier für meine Freundin welche nachdem sie eine Feminizidversuch überlebt hat direkt mehrere Stunden bei der Polizei ausgesagt hat und dann wieder in die blutverschmierte Wohnung zurückging ohne das ihr irgendeine Art von Unterstützung oder alternativer Schlafensplatz angeboten wurde. Da der Täter schon in U-Haft war.

Desshalb fordern wir:

  • Verpflichtende Module und Weiterbildung für Fachkräfte
    Aufnahme von Pflichtmodulen zu häuslicher ,psychischer und sexualisierter Gewalt sowie Isolation in die Grundausbildung sowie Weiterbildungspflicht für Berufe in den Bereichen
        •    Sozialarbeit
        •    öffentlichem Dienst und Justiz
        •    Bildungswesen
        •    Sicherheits- und Polizeibereich
        •    Medizin und Pflege

Ich stehe hier für meine Freundin welche Woche für Woche ihr Kind beim Täter abgeben muss, Elternabende und andere Termine absagt da sie nicht ohne persönlichen Support mit dem Täter in einem Raum sein kann ohne eine Panikattacke zu haben und Tage davor und danach eingeschränkt zu sein.
Da sie aufgrund fehlender Beweise und dem akutellen Recht keinen Schutz bekommt.

Deshalb fordern wir:

  • ein neues Strafgesetz, welches intime Partnergewalt gegen Frauen kriminalisiert – und zwar nicht mehr basierend auf Einzelvorfällen, welche Betroffene mühsam beweisen können müssen – sondern ein Gesetz, welches die Systematik von alltäglichen Kontroll- und Machtmechanismen der Isolation, psychischen Gewalt, Drohungen und Angsteinflössung, welche Täter gezielt und strategisch einsetzen, unter Strafe stellt.

Ich stehe hier für meine Freundin welche nach Monaten im Frauenhaus zurück zum Täter gegangen ist weil sie als migrantische Person keine Wohnung, Arbeit und ausreichende Kinderbetreuung gefunden hat und sie im Frauenhaus Druck gemacht haben das sie eine  Anschlusslösung brauche.

Deshalb fordern wir:

  • Schweizweite Täterberatung nach dem St. Galler Modell
    Aufbau einer verpflichtenden, standardisierten Täterberatung durch die Polizei in allen Kantonen, um Rückfälle zu verhindern und nachhaltigen Opferschutz zu gewährleisten.

    Ich stehe hier
    Für meine Freundin die in ein anderes Land geflüchtet ist um sich und ihre Kinder zu schützen. In einem Land in dem ihre Gefahrenlage als gefährlicher eingeschätzt wird als in der Schweiz. Sie befindet sich nach zwei Jahren immer noch in einem Schutzort, darf ihre Familie nicht treffen weil es zu gefährlich sei und zur gleichen Zeit ist der Täter in der Schweiz frei auf Bewährung. 

    Deshalb fordern wir:

    • Förderung von Forschung und universitärer Lehre zu häuslicher und sexualisierter Gewalt sowie Aufbau einer nationalen Datenbank zur systematischen Erfassung und Analyse von Fällen (häuslicher Gewalt, Nachtrennungsgewalt mit und ohne paralleles Strafverfahren, Auswirkung auf Sorgerechtsentscheide, Feminizide)

    Ich stehe hier für meine Freundin welche vergewaltigt wurde, und dem Täter nachdem er jahrelang kein Interesse am Kind gezeigt hat die alternierende Obhut zugesprochen wurde . Meiner Freundin wird nun gedroht das ihr Kind fremdplatziert werde wenn sie es nicht zwingt die vorgesehenen Besuche  wahrzunehmen, dies obwohl sie ihren Erzeuger nicht kennt und vorallem nicht vertraut.
    Die Besuche mit einem Mann welcher sexuellübergriffig nicht nur der Mutter sondern auch dem Kind gegen über war.

    Deshalb sind wir gegen :

    • Die Alternierende obhut als regelfall bei jeglichen fällen von gewalt gegen kinder und mütter und fordern den entzug des sorgerechts von tätern häuslicher gewalt.

    Ich stehe hier für meine Kinder, meine Kinder welche die Schläge, die Tritte und die Angst schon in meinem Bauch gespürt haben und später schlimmeres miterleben mussten.

    Deshalb fordern wir:

    • Dass das Wohl der Mutter und das kindswohl nicht getrennt betrachtet werden dürfen.

    Ich stehe hier für mich weil ich irgendeinmal gerne neben einer Person mit einem Messer in der Hand in der Küche stehen will ohne Backflashs und Angst zu haben das es in mich gestochen wird. Für mich weil ich nicht mehr bei jedem Auto das aussieht wie seines direkt einem höheren Plus bekommen will und auch das abchecken des Nummersschilds nichts an meinem Zustand ändert. Für mich, weil ich nach genau 21 Monaten so unfassbar viel geschafft habe. Und es liebe die Person zu sein, die ich jetzt sein kann.

    Deshalb fordern wir:

    • Verpflichtende Sensibilisierung im Rahmen der Wehrpflicht
      Schulung aller Wehrpflichtigen im Themenbereich häusliche und sexualisierte Gewalt, um Bewusstsein, Prävention und Schutzmechanismen zu stärken.

    Ich stehe hier für mich, für alle Überlebenden, für die Kinder welche miterlebten und miterleben was ihren Liebsten angetan wurde und wird, für alle welche ermordet wurden und deren überlebenden Kinder und Angehörigen.

    Ni una menos

    2 Aktivistinnen von Offensiv Gegen Feminizide

    Erste Zeugnis

    Lebendig, aber für immer gezeichnet.

    Aufrecht, aber nicht komplett.

    Ich habe im Januar 2023 Anzeige erstattet, weil ich in meiner Wohnung halb totgeschlagen wurde.

    Ich sage es ganz klar und ohne Übertreibung:

    Man hat versucht, mich zu töten.

    Ich wurde geschlagen, gedemütigt, zerstört. Dann wurde ich wie ein Stück Müll auf dem Boden meiner Wohnung liegen gelassen, blutüberströmt.

    Und heute wird nicht mein Angreifer in Frage gestellt, sondern ich.

    Ich, die Überlebende.

    Ich, die Frau, die es gewagt hat, um Hilfe zu bitten.

    Ich, die die Wahrheit gesagt hat.

    Verstehen Sie, was das bedeutet?

    Ich habe überlebt.

    Ich bin geflohen.

    Ich habe die Kraft gefunden – oder das, was davon übrig war –, um zur Polizei zu gehen.

    Als ich dort mit zitternden Beinen, gebrochenem Herzen und noch sichtbaren blauen Flecken hereinkam, sagte ich: Ich habe Angst.

    Ich sagte: Er hätte mich fast getötet.

    Ich sagte: Beschützen Sie mich.

    Und man stellte mir Fragen.

    Zu den Fakten. Zu meiner Beziehung. Zu allem.

    Ich habe die Wahrheit gesagt.

    Mehr nicht.

    Weil ich noch naiv glaubte, dass die Wahrheit schützt.

    Weil man mich darum gebeten hat.

    Und heute zeigt niemand mit dem Finger auf ihn.

    Nicht auf den, der mich geschlagen, beleidigt, gebrochen, terrorisiert und misshandelt hat.

    Sondern auf mich.

    Auf mich, die Überlebende.

    Nicht, weil ich gelogen habe.

    Nicht, weil ich diffamiert habe.

    Sondern weil ich überlebt habe und erzählte, was ich erlebt habe.

    Weil ich es gewagt habe, darüber zu sprechen.

    Weil ich in einer offiziellen Anhörung eine Frage beantwortet habe.

    Weil ich enthüllt habe, was ich eigentlich geheim halten sollte.

    Was mir widerfährt, ist nichts Alltägliches.

    Es ist ein Knebelprozess.

    Ein Versuch, mich ein zweites Mal zum Schweigen zu bringen.

    Denn beim ersten Mal hat man es mit Schlägen, mit Gewalt versucht.

    Und jetzt versucht man es mit dem Gesetz.

    Und ich frage euch, die mit mir hier sind: Wisst ihr, wie es sich anfühlt, zu denken, dass man unter den Schlägen eines Menschen sterben wird, den man geliebt hat?

    Sich im Spiegel anzusehen und sich selbst nicht mehr wiederzuerkennen?

    Weiter zu existieren, aber nur noch wie ein Schatten?

    Versteht ihr, was es kostet, darüber zu sprechen?

    Die Details noch einmal durchzugehen?

    Die Szene immer wieder zu durchleben, bis man nicht mehr schlafen kann?

    Ich sage es euch, mit aller Kraft, die mir noch bleibt:

    Ich werde nicht schweigen.

    Weil dieses Schweigen mich fast umgebracht hat.

    Weil in diesem Schweigen jeden Tag andere Frauen sterben.

    Und weil meine Stimme, so gebrochen sie auch sein mag, immer noch mehr wert ist als ihre Lügen.

    Meine Worte werden als Waffe gegen mich verwendet.

    Man will mich zur Schuldigen machen.

    Man will mich zu einer Warnung machen.

    Zu einer Drohung für alle anderen:

    „ Wenn ihr redet, werdet ihr enden wie sie.“

    Ich bin ein Spiegel.

    Ich zeige, was dieses System Überlebenden wie mir antut.

    Ich bin der Beweis dafür, dass man selbst nach dem Entkommen vor dem Tod noch kämpfen muss, um das Recht zu haben, zu erzählen, was man erlebt hat.

    Aber ich stehe aufrecht.

    Und ich schaue euch an, die ihr an meiner Seite kämpft.

    Und ich sage euch Folgendes:

    Ich lebe.

    Und wenn man mich verurteilt, trifft das nicht nur mich.

    Man sendet eine Botschaft an die anderen Opfer:

    „Wenn du überlebst, schweige. Sonst wirst du dafür bezahlen.“

    Und diese Botschaft werde ich nicht zulassen.

    Deshalb frage ich euch hier und jetzt, vor euch allen:

    Ist das Gerechtigkeit?

    Diese einschüchtern, welche überlebt haben?

    Diejenigen verfolgen, die es gewagt haben, um Hilfe zu bitten?

    Die Rollen werden vertauscht.

    Das Opfer wird zur Angeklagten.

    Und der Täter wird zum Geschädigten.

    Aber seht ihr das nicht?

    Das ist eine Strategie.

    Eine Einschüchterung.

    Eine stille Warnung:

    „Sprich, und du wirst dafür bezahlen.“

    Ich bin gekommen, um Gerechtigkeit zu suchen.

    Und nun muss ich mich dafür rechtfertigen, dass ich überlebt habe. Ich bin nicht hier, um mich meiner Verantwortung zu entziehen.

    Ich bin hier, um das Schweigen zu verweigern.

    Um die Ungerechtigkeit zu verweigern.

    Zu verweigern, dass denjenigen, die bereits zerstört wurden, noch mehr Demütigung zugefügt wird.

    Und ich spreche auch für all diejenigen, die es nicht mehr können.

    Diejenigen, die nicht überlebt haben.

    Diejenigen, die Angst hatten, zu sprechen.

    Diejenigen, die durch Schweigen oder durch Verfahren, die sie zum Schweigen bringen sollten, erdrückt wurden.

    Denn nicht nur ich werde verurteilt.

    Man verurteilt alle Überlebenden.

    Man sagt ihnen:

    „Wenn du den Mund aufmachst, wird auf dich mit dem Finger gezeigt.“

    Deshalb sage ich euch, von Angesicht zu Angesicht:

    Ihr könnt mich anklagen, aber ich bin keine Kriminelle.

    Ich bin eine Frau, die man zum Schweigen bringen wollte.

    Und ich spreche. Für mich. Für sie. Für uns alle.

    Ihr werdet mich nicht zum Schweigen bringen.

    Ihr werdet mir meine Stimme nicht nehmen.

    Und wenn ich heute hier vor euch stehe und zu euch sprechen kann, dann deshalb, weil es einen Sieg gegeben hat.

    Am 13. Oktober, nach einer Kundgebung vor dem Gericht, nach euren Stimmen, eurer Anwesenheit, eurer Kraft, wurde ich freigesprochen.

    Freigesprochen.

    Dieses Wort ist für mich nicht nur ein Urteil.

    Es ist der Beweis, dass wir nicht allein sind.

    Es ist der Beweis, dass Kämpfen das umstürzen kann, was wir für unveränderlich hielten.

    Es ist der Beweis, dass Solidarität und Schwesterlichkeit, ein System, das uns unterdrückt, zerbrechen können.

    Dieses Urteil ist nicht nur mein Sieg.

    Es ist eurer.

    Der Sieg all derer, die sich geweigert haben, dass ich erneut zum Schweigen gebracht werde.

    Der Sieg all der Frauen, die Gewalt erlebt haben und trotzdem weitermachen.

    Der Sieg all derer, die noch nicht die Kraft haben zu sprechen, aber unsere Stimmen hören und wieder Hoffnung schöpfen.

    Ich möchte denen danken, die mich unterstützt, begleitet und wieder aufgebaut haben.

    Denen, die mit mir geschrien, mit mir marschiert und mit mir gewacht haben.

    Denen, die es gewagt haben, darüber zu sprechen, auch leise, auch voller Angst.

    Denn jedes Mal, wenn eine Frau spricht, jedes Mal, wenn eine Überlebende das Schweigen bricht, wird unsere ganze Kette stärker.

    Mein Freispruch ist ein Sieg, ja.

    Aber er ist nur ein Schritt.

    Denn solange andere Frauen beschuldigt werden, überlebt zu haben, solange die Angst uns mundtot machen will, werden wir weitergehen, weiterreden, weiter anprangern, weiterkämpfen.

    Danke euch.

    Danke für euren Mut.

    Danke, dass ihr an meiner Seite steht.

    Und ich verspreche euch:

    Solange es noch eine Frau gibt, die zum Schweigen gebracht werden soll, werde ich weiter sprechen.

    Zweite Zeugnis

    Es hat mich viel Mut gekostet, heute hier vor euch zu stehen und das Wort zu ergreifen. 

    Aber ich wollte dieses Schweigen brechen, in das ich mich zurückgezogen hatte, dieses Schweigen, das mich dazu gebracht hat, die Gewalt zu leugnen, die für immer in meinem Wesen verankert ist. 

    Wie leider viele Frauen habe auch ich in meiner Beziehung Gewalt erlebt. Und als ich einen Psychologen um Hilfe bat, um da herauszukommen, hat er seinerseits Macht über mich ausgeübt, um mich sexuell zu missbrauchen. Ich habe vier Jahre gebraucht, um mir dessen bewusst zu werden und langsam aus meinem Zustand der Fassungslosigkeit herauszufinden. Und ich glaube, ich werde mehr als ein Leben brauchen, um die Wunde zu heilen, die er in mir hinterlassen hat. Denn ja, das ist die Realität sexistischer und sexueller Gewalt: zerbrochene Leben, Frauen, die für immer Wunden davontragen, die sie gerne loswerden würden. 

    Aber es sind auch starke Frauen, die für den Schutz ihrer Schwestern, Töchter und Freundinnen kämpfen und daran glauben wollen, dass sich diese Welt ändern kann. Mehr kann ich heute nicht sagen, aber ich danke euch allen, dass ihr hier sind, um unser Leben zu verteidigen.

    Orga speech

    Hallo Zusammen, es ist bestärkend euch alle hier zu sehen ! Bonsoir, ca donne de la force de vous voir touxtes ici !

    Der 25. November ist der internationale Tag gegen patriarchale Gewalt, mit dieser autonomen Demonstration, unter TINFA* Personen, wollen wir uns die Stadt zurücknehmen.

    Die direkte Gewalt, die uns täglich umgibt, bedrückt uns, versucht uns aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, uns zu isolieren, uns die Hoffnung zu nehmen und uns handlungsunfähig zu machen. Diese Gewalt ist Teil eines Systems. Täter sein hat System. Wir lehnen uns auf gegen diese Systeme der Unterdrückung: laut, wütend, feministisch, antifaschistisch, gemeinsam und international!

    Die Veranstaltung ist TINFA*only ohne cis-Männer. Wir möchten, dass diese Veranstaltung ein inklusiver Raum für alle trans*, inter*, nicht-binären, agender Personen und für Frauen ist. Das Gender einer Person kann nicht von Aussen erkannt werden, es beruht auf Selbstdefinition. Wir wünschen uns einen wohlwollenden Umgang mit allen Menschen die hier sind.

    Überall gewinnen faschistische Kräfte an Macht und gefährden unser Leben. Unser Selbstbestimmungsrecht wird immer stärker eingeschränkt, traditionelle Werte werden gestärkt. Unser Kampf richtet sich gegen das Patriarchat, den Kolonialismus und den Kapitalismus. Diese Unterdrückungssysteme verstärken sich gegenseitig und funktionieren als Ganzes. Sie verfolgen die imperialistische Logik, die Profit über Menschenleben stellt, wie in Palästina und auch im Sudan.

    Mit der heutigen Demonstration wollen wir der patriarchalen Gewaltsspirale eine hoffnungsvolle Perspektive entgegensetzen! Wir erschaffen neue Welten, frei von Dominanz und willkürlicher Hierarchie. Frei von den strukturellen Bedingungen die uns spalten und vereinzeln. Frei von Rassimus und Klassenwiderspruch. 
Welten in denen Reproduktionsarbeit von allen getragen wird und fair bezahlt ist. 
Wir kultivieren Beziehungsweisen, in denen Fürsorge zum Alltag aller gehört! Wir durchbrechen binäre Geschlechterrollen und jegliche Normen! Lasst uns gemeinsam unsere Vorstellungskraft herausfordern! Lasst uns eine Welt erträumen, die auf unsere Bedürfnisse angepasst ist. Lasst uns kämpfen, zärtlich und fürsorglich für Freiheit und Gerechtigkeit.
Wir bauen auf den Kämpfen früheren Generationen auf und reihen uns ein, in die lange Geschichte des feministischen Widerstands.

    Wir sind viele und wir sind laut! Und wir haben die Zuversicht, dass eine andere Welt möglich ist! Für ein selbstbestimmtes und sicheres Leben aller. Von Trauer zu Wut, von Wut zu Widerstand.

    Rap Lied

    Täterschema

    Du seisch, dasmer di nid iz Täterschema inedrücke söue,
    so aus hätte mir id Opfer-Schublade wöue
    Was higerlaht paar Jahrtuusige Patriarchat;
    es kollektivs Trauma&Macho-Staat
    Si säge: ” bi ke Rassist, ha Usländerfründe ou”
    Du seisch: “i bi ke Sexist, i kenne ou e Frou”!?
    Du seisch, z Patriarchat gäbs nüm i däm Teil vor Wäut
    sig zwar scho chli ungerächt gliich Arbeit, weniger Gäut
    Du redsch vo Lohnunglichheit
    i vo rapeculture
    du vo Militärdienst
    i vo mire Muetter!
    U vo mire Schwöschter queere Fründ*inne o,
    si au belästigt worde,
    d Täter drvo cho
    Nei mir si nid woke,
    mir si hässig!
    “Mir si aui gliich”,
    jah wou eher so chli mässig
    Üsi Körper, Meinig, Liebi-
    ds ghört aues üs
    si nid öiies Eigetum,
    öii Ziit louft us!

    Du meinsch i übertribe, wenni när so Texte schribe?!
    Natürlech wär dr lieber mir 
    würde schwige
    Wiu das di unschuldig trifft-
    i schutt dr Eis id Eier-
    isch unwarschiinlecher aus dases mau di Richtige würd breiche
    Bi nid us dim Rippi gmacht-
    i riss dr eis us,
    i hüete dir ou nid Herd&Huus
    Wiu das di unschuldig trifft-
    i schutt dr Eis id Eier-
    isch unwarschiinlecher aus dases mau di Richtige würd breiche

    Du sisch Gliichberächtigung hie sigi erreicht,
    ds gloubsch du ou nur 
    wius di nid breicht
    Solang wiis-cis-hetero-männlech 
    öii Norm isch
    wärde mir nid ernscht gnoh,
    si per Definition komisch
    We mr wehre simr Kampflesbe,
    psycho, verrwirrt, 
    histerisch oder vom Gender-Wahnsinn infisziert
    Erläbes Deheim, Schul, Zug,
    ufm Arbeitswäg
    Vergwaltigung&Femizid si d 
    Spitze vom Iisbärg
    Das patriarchali Logike drfür dr
    Närbode schaffe,
    hesch du nid kapiert,
    hesch”nur chle wöue gaffe”?!
    Üsi Körper, Meinig, Liebi-
    ds ghört aues üs
    si nid öiies Eigetum
    öii Zit louft us


    Du meinsch i übertribe, wenni när so Texte schribe?!
    Natürlech wär dr lieber mir 
    würde schwige
    Wiu das di unschuldig trifft-
    i schutt dr Eis id Eier-
    isch unwarschiinlecher aus dases mau di Richtige würd breiche
    Bi nid us dim Rippi gmacht-
    i riss dr eis us,
    i hüete dir ou nid Herd&Huus
    Wiu das di unschuldig trifft-
    i schutt dr Eis id Eier-
    isch unwarschiinlecher aus dases mau di Richtige würd breiche

    Monschter

    Si lovebombe di geziehlt, aus wärsch e umkämpfti Grossstadt,
    s sig wahri Liebi- u du bisch eifach so chli platt
    Si wei z Beschte für di, kenne di besser aus du säuber
    u liebe di gliich- “mir au hei Liiche im Chäuer”
    Si wüsse wasde wosch, 
    wiu si si i dim Chopf
    U wed “Nei” seisch,
    hesch eich “Ja” gmeint
    När brache si dr Bei, wärfe dr vor dasd nid chasch loufe
    zum Glück hesch jah ihn, wo dr cha häufe
    Ize chnöilisch hie u 
    du dänksch: “#MeToo, 
    aber ha no uf de Chnöi meh Rückgrad aus du!”
    U du bisch eh nur hie unge zum di Stouz zämezsammle
    ds passiert doch nid dir, 
    sondern so Andre
    D Gisele seit, s söu d Sitte wächsle, schäme söue sech Die,
    doch we dr die Wäut aluegsch passiert ds äue nie
    Ire Gseuschaft wo “du Opfer” 
    e Beleidigung isch
    u Presidänt wirsch 
    seisch: ” Grab them by the pussy”


    Luegsch i Spiegu, fragsch di wär de bisch
    Frankensteins Monschter
    oder Nemesis
    Black widow, 
    black mamba- wär ischs?
    Houptsach schwarz wi dini Aura

    Luegsch i Spiegu, fragsch di wär de bisch
    Frankensteins Monschter
    oder Nemesis
    Aufem roadtrip, 
    wie Thelma&Louise
    Immer Vougas i Abgrund

    Nei Will Hunting, dini Schuld 
    ischs nid,
    aber s bisch gliich du wo muess 
    läbe drmit
    Verstecksch di im schwarze Loch
    wiu ds geit nie verbi
    Chüssi übere Chopf,
    gächtet aus depressiv
    Machsch Party, schlasch dri,
    vöglisch gäg z Patriarchat
    hoffsch ds im Ruusch 
    Wuet&Scham nachelaht
    När säge si, du sigisch verrückt
    Säubschterfüllendi Phrophezeig:
    irgendeinisch bischs würk!
    U när isch de Brief cho us däm Kaff im Emmitau
    oder däm im Ruum Bern-
    irgendwenn emau
    Si dürlüüchte ds Läbe, öb z Rächt hesch di z beschwäre,
    aus öb si au 
    Tatort-Kommissar*inne wäre
    Bisch es Huscheli- liechts Opfer
    oder Psycho-Bitch
    u we ds so isch
    de hesches villech ou verdient
    Hesch jah nid würk “Nei” xeit,
    di nid gwehrt, oder?!
    Was: “protect your daughter”!?
    educate your son!

    Luegsch i Spiegu, fragsch di wär de bisch
    Frankensteins Monschter
    oder Nemesis
    Black widow, 
    black mamba- wär ischs?
    Houptsach schwarz wi dini Aura

    Luegsch i Spiegu, fragsch di wär de bisch
    Frankensteins Monschter
    oder Nemesis
    Aufem roadtrip, 
    wie Thelma&Louise
    Immer Vougas i Abgrund

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    Statement

    Polizeigewalt und Feminizide im Kanton Waadt

    Polizeigewalt und Femizide im Kanton Waadt

    Er hiess Marvin, war 17 Jahre alt und wurde am 23.08.2025 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

    Sie hiess Camila, war 14 Jahre alt und wurde am 30.06.2025 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

    Er hiess Michael, war 39 Jahre alt und wurde am 25.05.2025 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

    Er hiess Nzoy, war 37 Jahre alt und wurde am 30.08.2021 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

    Er hiess Mike, war 39 Jahre alt und wurde am 28.02.2018 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

    Er hiess Lamin, war 23 Jahre alt und wurde am 24.10.2017 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

    Er hiess Hervé, war 27 Jahre alt und wurde am 06.11.2016 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

    Sie wurden bei einem Einsatz der Waadtländer Polizei getötet.
    Zu dieser langen Liste muss noch hinzugefügt werden:

    Eli, die am 19.03.2021 43 Jahre alt war, als sie in Bussigny von ihrem Lebensgefährten, einem Polizisten der Stadt Lausanne, getötet wurde.
    Coralie, die 40 Jahre alt war, Alyssia, die 13 Jahre alt war, Madyson, die 9 Jahre alt war, und Chelsey, die 5 Jahre alt war, wurden am 09.03.2023 in Yverdon-les-Bains getötet. Ein Feminizid und dreifacher Kindsmord, verübt von Coralies ehemaligem Lebensgefährten, der Polizist bei der Waadtländer Polizei gewesen war, bevor er sich umorientiert hatte.
    Es war der Kampf der Kollektive von Angehörigen der getöteten Personen und ihren Verbündeten, der es ermöglichte, den weit verbreiteten Rassismus und Sexismus in der Waadtländer Polizei aufzudecken.
    Auch wenn die Behörden Feminizide oder Polizeigewalt nicht dokumentieren will, scheint der Zusammenhang offensichtlich zu sein.

    Zudem gab es mehrere Beispiele, die in den letzten Jahren durch die Medien bekannt wurden, die die sexistische Gewalt von Polizisten bei der Arbeit und im Privatleben aufzeigten.

    Zu nennen ist hier der Fall von Chahinez Daoud, die 2021 in Frankreich von ihrem Ehepartner getötet wurde und deren Anzeige von einem Polizisten entgegengenommen wurde, der selbst wegen häuslicher Gewalt verurteilt worden war.

    In London führte der Feminizid von Sarah Everard, die von einem Polizisten vergewaltigt und anschliessend getötet worden war, zu grossen Demonstrationen, die die Behörden zu Ermittlungen zwangen, die unter anderem ergaben, dass in einem Zeitraum von drei Jahren über 700 Fälle von häuslicher Gewalt durch Polizisten registriert wurden.

    In Frankreich hat die NGO Disclose eine Untersuchung durchgeführt und 429 Betroffene von sexueller Gewalt durch Polizisten identifiziert.

    Polizisten, deren Verhältnis zur Welt von Männlichkeit geprägt ist, können natürlich zu Hause genauso gewalttätig sein wie bei der Arbeit. Die Polizei zeichnet sich durch ein permanentes Verhältnis der Unterwerfung des anderen aus, das legitim ist. Die Gewalt, die Marvin, Camila, Michael, Nzoy, Mike, Lamin und Hervé tötete, hat die gleichen Wurzeln wie die Gewalt, die Eli, Coralie, Alyssia, Madyson und Chelsey tötete.

    Die Waadtländer Behörden versuchen uns glauben zu machen, dass diese Mordserie das Werk einiger weniger Personen sei, die man nur beiseite schieben müsse, um das Problem zu lösen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, daran zu erinnern, dass es die strukturelle Aufgabe der Polizei als Institution ist, die Machtstrukturen der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Sie kann daher nicht anders, als strukturell rassistisch und patriarchal zu sein.

    Der Kampf gegen patriarchale Gewalt ist ein Kampf gegen das System, das diese Gewalt ermöglicht!

    Gerechtigkeit für alle Opfer von Polizeigewalt!

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    Statement

    Wenn die Polizei mordet – Gerechtigkeit für Camila

    Am 1. Juli 2025 stirbt Camila, ein 14-jähriges Mädchen in Lausanne, nachdem die Polizei sie und einen weiteren Jugendlichen auf einem Motorroller verfolgt hatte.
Die Polizei spricht von einem „Kontrollversuch“ – doch was passiert ist, ist eine tödliche Eskalation staatlicher Gewalt. Ein junges Leben wurde ausgelöscht – weil sich zwei Jugendliche der Polizei nicht unterordnen wollten.

    Camila hatte gerade ihr Schuljahr am Collège de Béthusy in Lausanne beendet und wollte den Beginn der Sommerferien feiern. Ihr Vater beschreibt sie als ein süsses und ruhiges Mädchen. Sie war Fussballspielerin beim FC Concordia, der auf seiner Facebook-Seite schrieb: “Camila, dein Lächeln, deine Freundlichkeit, deine Energie und deine Leidenschaft für das Spiel haben jedes deiner Trainings und jedes deiner Spiele erhellt. Du warst mehr als eine Spielerin: Du warst eine Freundin, eine Teamkollegin, ein Stern unter uns.”

    Polizeigewalt ist kein Fehler im System. Sie ist Teil davon.


    Immer wieder sehen wir, wie Polizei mit brutaler Konsequenz agiert, wenn Menschen sich ihrer Kontrolle entziehen wollen. Wer flieht, wird gejagt. Wer sich nicht unterordnet, wird dazu gezwungen. Auch wenn es Kinder sind. Auch wenn es tödlich endet.
Diese Form der Machtdemonstration ist kein „Einzelfall“, sondern Ausdruck eines Gewaltapparats, der gelernt hat, dass er mit allem davonkommt.

    Polizeiliche Gewalt funktioniert nach patriarchaler Logik.


    Wie patriarchale Täter in Beziehungen versuchen, Kontrolle mit Gewalt durchzusetzen, handelt auch die Polizei: Sie will Gehorsam. Sie will Unterwerfung. Und sie nutzt Angst, Einschüchterung und Strafe als Mittel, um diese Ordnung aufrechtzuerhalten.
Polizeigewalt ist keine neutrale Gewalt. Sie richtet sich systematisch gegen bestimmte Menschen: Jugendliche, von Rassismus betroffene Menschen, Migrant*innen, arme Menschen – und immer wieder gegen Frauen, Mädchen und genderqueere Personen.

    Straflosigkeit sichert die Machtverhältnisse.


    Wenn Männer Frauen töten, werden sie oft durch Justiz, Medien und Gesellschaft relativiert.
Wenn die Polizei tötet, passiert dasselbe. Der Staat schützt seine Täter.
So bleibt Gewalt möglich – und normal. Was wir erleben, ist keine Ausnahme, sondern die Folge einer systematisch organisierten Straflosigkeit.

    Diese Gewalt geschieht nicht aus Versehen. Sie ist Konsequenz einer autoritären, patriarchalen Ordnung, die Kontrolle wichtiger findet als Leben.
 2018 tötete die Polizei Mike Ben Peter in Lausanne. Derselbe Polizist, der 2018 an diesem Einsatz beteiligt war, jagte nun ein 14-jähriges Mädchen durch die Strassen und nahm ihren Tod in Kauf. Vom Gericht wurden die Beamten, die bei der Tötung von Mike Ben Peter beteiligt waren, damals freigesprochen. Am 25. Mai wurde Michael Kenechukwu Ekemezie, ein junger Nigerianer, von der Lausanner Polizei während einer Festnahme getötet. Am 19. März 2021 wurde Evangelista Mañón Moreno (Eli) von ihrem Lebensgefährten, der ebenfalls Polizist bei der Polizei in Lausanne war, ermordet. Er tötete Eli mit seiner Dienstwaffe.

    Polizeigewalt und patriarchale Gewalt sind nicht getrennt – sie sind strukturell verbunden.


    Beide funktionieren durch Kontrolle, Einschüchterung, Angst. Beide werden selten konsequent verfolgt. Beide töten.
Wenn wir über Feminizide sprechen, müssen wir auch über die Polizei sprechen.
Denn ein System, das Täter schützt, ist nicht reformierbar. Es muss bekämpft werden.

    Wir wünschen allen Menschen, die Camila trauern, viel Kraft!

    Für Camila. Für alle, die durch Polizei und Patriarchat ihr Leben verloren haben.

    Wir vergessen nicht. Wir vergeben nicht. Wir kämpfen weiter.

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    Statement

    Feminizidversuche

    Seit dem 5. Juli zählt die Schweiz bereits 19 Feminizide seit Jahresbeginn 2025 – ein Mord alle zehn Tage. Und diese erschütternde Zahl zeigt nur einen Bruchteil der Gewalt.
    Anfang Juli berichteten die deutschsprachigen Medien über zwei versuchte Feminizide:
    Am 1. Juli wurde in Brittnau (AG) eine 47-jährige Frau beim Spazierengehen von ihrem Ex-Partner mit einem Messer angegriffen. In der darauffolgenden Nacht wurde in Oberägeri (ZG) eine 43-jährige Frau von ihrem Ehemann in der gemeinsamen Wohnung schwer verletzt – vor den Augen ihres Kindes.
    Wir sind in Gedanken bei den überlebenden Frauen. Wir senden ihnen unsere Solidarität und unsere Unterstützung.
    Patriarchale Gewalt ist kein tragischer Einzelfall. Sie ist eine strukturelle Realität, tief verwurzelt in unserer Gesellschaft – sie tötet und zerstört Leben, Woche für Woche. Sie ist nicht unsichtbar: sie ist bekannt, angeprangert, dokumentiert.
    Fachpersonen und engagierte Organisationen schlagen seit Jahren Alarm. Doch es fehlt massiv an Ressourcen, um auf die Notlage zu reagieren: Es gibt zu wenig Schutzplätze, Beratungsstellen sind überlastet, viele Betroffene bleiben allein – Prävention ist kaum vorhanden. Die Schweiz verfügt über viermal weniger Schutzplätze als das von der Istanbul-Konvention empfohlene Minimum.
    Wir wollen diese Gewalt nicht normalisieren. Wir weigern uns, wegzuschauen.
    Es ist Zeit zu handeln – gemeinsam. Zuhören. Unterstützen. Schützen. Und konkrete Mittel einfordern, damit es nie wieder zu Feminiziden oder versuchten Feminiziden kommt.

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    Selbstverteidigung Statement

    Freiheit für Maja

    Am 21.02. waren wir als Delegation von Offensive gegen Feminizide beim ersten Prozesstag gegen die nonbinäre Antifaschist:in Maja in Budapest. Maja wird vorgeworfen, am “Tag der Ehre” (einer der grössten, jährlichen Neonazi-Märsche) nach Budapest gereist, und zusammen mit anderen Antifaschist:innen Nazis angegriffen zu haben. Insgesamt gibt es bereits über 10 Inhaftierte in diesem Fall. Vor etwa einem Jahr wurde Maja in Deutschland festgenommen und illegal in das queerfeindliche Ungarn ausgeliefert. Obwohl selbst das deutsche Verfassungsgericht festgestellt hat, dass die Haftbedingungen für Maja als nonbinäre Person zuvor abgeklärt und eine Menschenrechtsverletzung vermieden werden soll, wurde Maja illegal in einer nächtlichen Aktion ausgeliefert. Seit 8 Monaten befindet sich Maja in Isolationshaft, darf keinen kontakt zu anderen Gefangenen haben und berichtet über Ungeziefer in der Zelle und verschimmeltes Essen.

    Die Staatsanwaltschaft bot Maja einen Deal an, bei einem Geständnis könne man sich auf eine Haftstrafe von 14 Jahren einigen, ansonsten würden Maja bis zu 24 jahre drohen. Maja hat diesen Deal abgelehnt und stattdessen eine starke Prozesserklärung verlesen. In dieser ging Maja auf die eigene, queere Identität ein und zeigt auf, wie der ungarische Staat Maja entmenschlicht und unsichtbar macht. Es hat uns sehr gerührt zu sehen, wie stark Maja ist und wir konnten spüren, wie Majas Worte den ganzen Saal und alle Besucher:innen mit Mut erfüllt haben.

    Besonders aufgrund der Repression in diesem Fall gegen antipatriarchale Selbstverteidigung sehen wir es, im Kampf gegen Feminizide, als unsere Pflicht an, diesen Fall zu begleiten und wir wollten deshalb auch unsere Solidarität beim Prozess zeigen. Denn der Angriff auf Neonazis ist nichts anderes als antipatriarchale Selbstverteidigung. Die Bedrohung für Frauen und Queere Menschen durch rechte Politik und Gewalt ist für uns überall auf der Welt spürbar. So oft ist es in der gesellschaftlichen Meinung so, dass Frauenkörper, queere Körper und schwarze Körper kein Recht auf Schutz und vor allem nicht auf Selbstverteidung haben. Aber wir werden dieses Recht verteidigen! Die sogenannten Geschädigten in diesem Fall sind gewalttätige Neonazis und wir wissen, dass wir diese nicht durch bitten und Gespräche bekämpfen können. Wir sind real bedroht von ihrer Gewalt und wir werden uns wehren.

    Uns interessiert es nicht, ob Maja diese Taten begannen hat, oder nicht. Sie sind legitim und damit fordern wir ein Ende der isolationshaft für Maja und eine Rücküberführung nach Deutschland. Wir wünschen auch den Freund:innen und der Familie von Maja alles Gute und viel Kraft für diese schwere Zeit! Eure Solidarität im Gerichtssaal zu sehen, war wunderschön!

    Ausserdem rufen wir alle dazu auf, Solidarität zu zeigen und auf den Fall aufmerksam zu machen. Schreibt Briefe an Maja und auch an alle anderen Angeklagten in diesem Fall (Dafür könnt ihr einfach eine Email mit dem Text an solibriefe-budapest@systemli.org schreiben). Durch Briefe können wir die Isolation brechen! Und nicht zuletzt wünschen wir alles Gute für dich, Maja! Wir wünschen dir Freiheit und solange du hinter Gittern bist, werden wir deinen Kampf immer mit uns tragen.

    Wir sagen: Freiheit für alle Antifas!

    Antipatriarchale Selbstverteidigung ist legitim!

    Mehr Infos unter: https://www.basc.news/briefe-in-den-knast/

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    Statement

    Eine Frau tötete am 27. Januar in Basel ihren Ehemann. Manche Menschen fragen sich vielleicht, warum wir über Feminizide berichten und nicht über Morde an Männern durch ihre Ehefrauen.

    Eine Frau tötete am 27. Januar in Basel ihren Ehemann. Manche Menschen fragen sich vielleicht, warum wir über Feminizide berichten und nicht über Morde an Männern durch ihre Ehefrauen. Denn auch wenn die grosse Mehrheit der Morde in der Ehe von Männern begangen wird, gibt es Fälle, in denen die Frau ihren Partner tötet.

    Die Merkmale dieser Morde sind jedoch völlig unterschiedlich. Bei den von Männern begangenen Tötungen in der Ehe handelt es sich um Aneignungsdelikte, während die von Frauen begangenen Morde oft einer Schutzstrategie folgen. Männer töten aus Besitzdenken und aus Angst, ihre Partnerin zu verlieren, während Frauen in der Mehrzahl der Fälle töten, um sich vor einem gewalttätigen Partner zu verteidigen. Die Fälle von Valerie Bacot und Alexandra Richard in Frankreich haben kürzlich die Debatte über Selbstverteidigung bei häuslicher Gewalt neu entfacht. Die beiden Frauen töteten ihren Partner, der ihr Peiniger war. Am Ende eines medienwirksamen Prozesses und dank der intensiven Mobilisierung feministischer Organisationen wurde das sogenannte “Syndrom der misshandelten Frau” als mildernder Umstand für Valérie Bacot anerkannt. Dieses Syndrom erklärt, was es bedeutet, unter jemandes Einfluss zu stehen und warum Menschen, die wiederholt Gewalt erleben, nicht immer in der Lage sind, sich aus einer Situation des Terrors zu retten. Dies rechtfertigt im Recht, dass eine Person in Selbstverteidigung handelt, auch wenn dies zeitversetzt geschieht, d. h. nicht unbedingt als sofortige Reaktion auf einen Gewaltakt. So wurde Valerie Bacot zu vier Jahren Haft verurteilt, obwohl ihr eine lebenslange Haftstrafe drohte. Alexandra Richard wurde hingegen in der Berufung zu 10 Jahren Haft verurteilt, da das Gericht befand, dass keine Notwehr vorlag.


    Wir kennen die Geschichte der Frau, die in Basel ihren Ehepartner getötet hat, nicht, aber wir gehen davon aus, dass sie wahrscheinlich aus Notwehr gehandelt hat. In diesem Fall möchten wir ihr versichern, dass sie unsere volle Unterstützung hat. Als Kollektiv, das gegen Feminizide kämpft, setzen wir uns auch für die Unterstützung des legitimen Rechts auf Selbstverteidigung in all seinen Formen ein.

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    Aktion Feminizid Statement

    Kundgebung nach dem 1. Feminizid 2025 in Biel

    Redebeiträge während der Kundgebung
    „Als ich gestern die Nachricht unserer ermordeten Schwester gelesen habe, war ich voller Trauer. Ich fühlte mich gelähmt, überfordert, verloren… Mein Kopf war voller Gedanken, bei jedem Feminizid frage ich mich „Wie kann so etwas passieren – immer und immer wieder? Wie wenig sind unsere Leben wert?“
    In der Traurigkeit, fand ich auch meine Wut und die Antwort die wir wohl alle kennen. Wir leben in einem System, welches unsere Leben abwertet. Wir lernen von früh auf, dass unsere Worte kein Gewicht haben, dass unsere Körper anderen mehr gehören als uns selbst, dass „Liebe weh tut“ und Gewalt aus Liebe ausgeübt wird, dass eine Tote keinen Aufschrei wert ist.


    In der Zeitung steht „Ehe-Streit der ausser Kontrolle gerät“, Männer – Täter – werden freigesprochen, da sie aus Verzweiflung oder Affekt Handeln würden, nicht wüssten, was sie tun. Das System, die Mächtigen stehen nicht auf unserer Seite, denn auch sie bedienen sich an unseren Körpern und denen unserer Schwestern.
    Etwas lässt mich nicht los, wenn ich an die Tote denke. Ich kann nicht aufhören zu denken, dass ihre Ermordung vielleicht verhinderbar gewesen wäre. Die Polizei in Biel ist momentan bekannt dafür, wie verantwortungslos und gewaltvoll sie mit Opfern umgeht. So warten Menschen, die wegen häuslicher Gewalt anrufen länger auf die Polizisten, als jemand der wegen Lärmbelästigung anruft. Frauen, die Übergriffe melden und einen Bericht schreiben lassen, wird ihr Recht verwehrt das Protokoll zu lesen und es abzusegnen – es wird von Polizisten als „überflüssig“ abgetan. So wissen wir nicht, was sie aufschreiben & was in die Akten kommt, haben noch weniger Chancen Gerechtigkeit zu erfahren in diesem System. Denn sowieso hilft uns die Polizei fast nie, weil ihr System gegen uns ist. Doch die Chance Mehrfachtäter zu bestrafen, diese verwehren uns die Bieler Polizisten, an ihren Händen klebt unser Blut.
    Das Patriarchat mordet, doch wir wollen uns lebend – nicht eine weniger.
    Lasst uns gemeinsam traurig sein, von der Trauer zur Wut, von der Wut zum Widerstand. Gemeinsam sind wir stark.
    Denjenigen, die an der Bedeutung der Versammlung zweifeln, da es bislang keine Beweise für einen Feminizide gibt, möchten wir entgegenhalten, dass aufgrund der Art und Weise, wir die Polizei kommuniziert, deutet alles darauf hin, dass es sich um einen gewaltsamen Tod handelt. Die Statistiken zeigen, dass die meisten Morde an Frauen in der Schweiz Feminizide sind, auch wenn das erst später durch eine Untersuchung bewiesen wird. Dieses Timing führt dazu, da Feminizide gewissermassen unsichtbar gemacht werden, und nimmt uns die Möglichkeit, diese untragbaren Taten öffentlich anzuprangern. Es ist unsere Pflicht, das Vergessen und die Banalisierung aller Formen von Gewalt gegen Frauen une queere Menschen.
    Wird eine Person verletzt, werden wir alle verletzt!

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    Internationales Statement

    Eine Koalition aus 30 Schweizer Kollektiven unterstützt den feministischen Kampf in Österreich

    Sechs Genoss*innen wurden in Österreich verhaftet und der kriminellen Organisation angeklagt, weil ihnen vorgeworfen wird, die Wände der Büros der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ farbig gestaltet zu haben. 

    “Ni una menos”, “Wand der Feminizide” oder “Unser Blut an euren Händen – Unsere Wut auf euren Wänden” sind nur einige der Botschaften, die als Antwort auf die Feminizide in Österreich in den letzten Monaten auf den Wänden hinterlassen wurden. Wie überall ist auch in der österreichischen Gesellschaft patriarchale Gewalt eine tödliche Gefahr für Frauen und genderqueere Personen. Im Jahr 2023 gab es in Österreich 42 Feminizide, von denen bekannt ist (1). Im Jahr 2024 wurden bereits 22 Frauen durch Feminizide aus dem Leben gerissen. Im Februar dieses Jahres wurden an einem einzigen Tag fünf Feminizide begangen. Jeder einzelne Feminizid ist einer zu viel!

    Wir, die unterzeichnenden Organisationen, erklären unsere uneingeschränkte Solidarität mit den sechs Genoss*innen, die von Repression in Form von Hausdurchsuchungen, Bedrohungen mit schweren Schusswaffen, und Verhaftungen betroffen sind. Diese Angriffe stehen in einer langen Tradition der staatlichen Unterdrückung und Einschüchterung von Menschen, die sich für soziale Gerechtigkeit, Solidarität und gegen Ungleichheit einsetzen.

    Die Geschehnisse in Innsbruck zeigen einmal mehr, wie Aktivist*innen, die sich kritisch gegenüber den bestehenden Machtstrukturen äussern, kriminalisiert werden. Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und die Beschlagnahmung persönlicher Gegenstände sind nicht nur ein Angriff auf die betroffenen Individuen, sondern auch auf alle, die sich für eine gerechtere und solidarischere Gesellschaft einsetzen.

    Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck wurden mit maskierten und schwerbewaffneten Spezialeinheiten in mehreren Wohnungen sowie dem linken Lokal „Il Corvo“ Hausdurchsuchungen durchgeführt. Beim Einsatz wurden Menschen mit schweren Waffen bedroht, Spürhunde eingesetzt, sämtliche Wohnungstüren aufgebrochen und jene Zimmertüren eingetreten, die versperrt waren. Der gesamte Einsatz wurde videodokumentiert.

    Der österreichische Staat wendet ein solches Ausmass an Gewalt an, um gegen Farbe an Gebäuden vorzugehen, welche die völlig ignorierte Epidemie von patriarchaler Gewalt und Feminiziden sichtbar macht. Die Farbe an der Wand hat keine einzige Person verletzt oder bedroht, im Gegenteil sie macht vielmehr auf die alltägliche Gewalt gegen Frauen und genderqueere Menschen aufmerksam. Und öffentliche Aufmerksamkeit ist dringend notwendig, wenn wir weitere Feminizide verhindern wollen. Der Staat hingegen übt direkte Gewalt und Repression gegen politisch links handelnde Menschen aus, anstatt Mittel und Ressourcen in Gewaltprävention zu stecken und Feminizide zu stoppen. Dabei sehen wir die Reaktion und die Gewalt der Polizei auf die Wand der Feminizide auch als ein Ausdruck der Angst, weil die österreichische Regierung weiss, dass sie für jeden dieser Feminizide (mit)verantwortlich ist. Jeder Tag, an dem die Regierung weiterhin ein patriarchales Herrschaftssystem aufrechterhält, macht sie sich des Feminizids schuldig. Widerstand gegen dieses System mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, ist legitim und notwendig.

    Die Geschichte der (queer)feministischen Bewegungen zeigt, dass der Staat starke Repression gegenüber Menschen ausübt, die für eine gewaltfreie Welt kämpfen. Die Geschichte zeigt aber auch, dass es wichtig ist, dieser Repression gemeinsam entgegen zu stehen. In einer Zeit, in der sich soziale Ungerechtigkeiten und ökologische Krisen verschärfen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns nicht durch staatliche Repression einschüchtern lassen. Wir stehen Seite an Seite mit den betroffenen Genoss*innen und lassen uns durch diese Angriffe nicht spalten oder mundtot machen. Unser gemeinsamer Kampf gegen patriarchale Gewalt, Ausbeutung, Unterdrückung und staatliche Willkür wird weitergehen.

    Wir fordern die sofortige Einstellung aller Ermittlungen gegen die betroffenen Aktivist*innen, sowie die Rückgabe aller beschlagnahmten Gegenstände. Darüber hinaus verurteilen wir die systematische Repression, die gegen soziale Bewegungen, Aktivist*innen und Menschen, die sich kritisch gegenüber dem Staat äussern, gerichtet ist.

    Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Regierungen und Staaten nicht freiwillig zur Beendigung des patriarchalen Systems beitragen. Angesichts der hohen Zahlen von Feminiziden und patriarchaler Gewalt können wir nicht nur freundlich darum bitten, wir müssen gemeinsam und auf verschiedenen Wegen für eine feministische Welt kämpfen. Wir rufen alle sozialen und demokratischen Organisationen auf, sich zu mobilisieren und ihre Stimme gegen diese beispiellose Kriminalisierung der feministischen Bewegung in Österreich zu erheben.

    In Solidarität mit allen, die für eine bessere Welt kämpfen!

    (1) https://www.aoef.at/index.php/zahlen-und-daten

    Unterzeichnende Kollektive

    – Collectif féministe Valais

    – Feministisches Streikkollektiv Zürich

    – Migrant Solidarity Network

    – Offensive gegen Feminizide/ Offensive contres les féminicides

    – Ni una menos-Kollektiv Zürich

    – Solidarisches Bündnis Bern

    – Megafon

    – Berns revolutionäre Jugend

    – NoWef Winterquartier Bern

    – frau-kunst-politik e.V. München

    – Nous Serons Le Feu

    – Bewegung für den Sozialismus Zürich

    – Ni una menos Basel

    – AKuT 

    – Feministisches Kollektiv Thun-Berner Oberland

    – Fédération Libertaire des Montagnes

    – Grève du Climat Neuchâtel

    – Klimastreik Bern

    – Projet Evasion

    – Verein Klimaprozesse (Bern)

    – Bewegungsfreiheit für alle!

    – Queers for Palestine Bern

    – JUSO Schweiz

    – Bibliothèque éco-féministe de Bienne, La Bise

    – Orghan

    – Feministischer Salon Schaffhausen

    – Sex Workers Collective

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    Feminizid Statement

    Kristina, wir vergessen dich nicht

    Der Feminizid von Kristina ist in die Schlagzeilen geraten, da die grausamen Umstände ihres Todes bekannt geworden sind. Die Einzelheiten wurden bekannt, als ihr Mörder, ihr Ex-Mann, einen Antrag auf Bewährung stellte. Er hatte erklärt, er habe nur aus Notwehr gehandelt, da Kristina ihn angegriffen hatte, aber die Ermittlungen ergaben, dass es sich um einen kaltblütigen, vorsätzlichen Mord handelte.
    Kristina hatte zwei Töchter und arbeitete selbstständig als Trainerin. Sie war 2008 Finalistin bei der Wahl zur Miss Schweiz gewesen. Kristina war in den sozialen Netzwerken aktiv und vermittelte das Bild eines glücklichen Lebens ohne Schatten. Ein Leben, von dem viele junge Frauen geträumt haben dürften. Die Wahrheit sah jedoch ganz anders aus und Kristina litt unter der Gewalt ihres Mannes. Man kann es nicht oft genug sagen: Feminizide sind keine isolierten Wahnsinnstaten, sondern Teil einer Gewaltspirale. Der Täter setzt verschiedene Formen von Gewalt und Manipulation ein, um Macht über seine Partnerin zu erlangen. Manchmal fragt man sich, warum die Person, die diese Gewalt erlitten hat, nicht sofort gegangen ist, aber es ist genau dieses Macht- und Dominanzverhältnis, das sie daran hindert. Kristina hatte ihren Mann schließlich verlassen, und das war der Moment, in dem er sie tötete. Weil es ihm lieber war, dass sie tot war, als dass sie frei und ohne ihn lebte.
    Unser Herz ist schwer und wir sind in Gedanken bei Kristina und ihren Angehörigen. Für Kristina und alle anderen Opfer von Feminiziden, für alle Überlebenden, werden wir weiterhin gegen patriarchale Gewalt kämpfen.

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    Statement

    In letzten Wochen gab es zwei Fälle von patriarchaler Gewalt in den internationalen Medien

    In Kenia wurde ein Feminizid an der Olympia-Athletin Rebecca Cheptegei verübt. Ihr Ex-Partner hatte sie mit Benzin übergossen und angezündet, auch er starb kurz nach dem Angriff an seinen Verletzungen. Erst Anfang 2024 hatten tausende in Reaktion auf mehrere grausame Feminizide gegen patriarchale Gewalt in Kenia demonstriert. Allein in der ersten Woche des Jahres waren über ein Dutzend Frauen Opfer von Feminiziden geworden. Die Koalition, die die Proteste organisiert hatte, besteht aus Frauen verschiedener Organisationen und Plattformen, vom Women’s Collective Kenya über Sexarbeiter*innen bis hin zu LGBTQ-Gemeinschaften. Die Bewegung stellte die Morde in einen breiteren Kontext von geschlechterspezifischer Gewalt und Ungleichheit.

    In Frankreich wurde Gisèle Pélicot Jahrelang von ihrem Ehemann missbraucht und dutzenden Männern zur Vergewaltigung ausgeliefert. Er hatte diese Gruppenvergewaltigungen über eine Chatseite “angeboten” und seine Frau mit Beruhigungsmitteln ausser Gefecht gesetzt. Nur durch einen Zufall wird er entdeckt, nicht etwa, weil er angezeigt wurde. Er steht nun mit vielen anderen Männern, die durch seine eigenen Videoaufnahmen der Taten überführt wurden, vor Gericht. Was die Öffentlichkeit schockiert, ist das, was Feministinnen seit langem anprangern: Die Vergewaltiger sind keine Monster, sondern ganz normale Männer, vorbildliche Väter, nette Kollegen und fürsorgliche Nachbarn. Der Fall zeigt auch die tief verwurzelte Frauenfeindlichkeit unserer Gesellschaft. Gisèle wurde zehn Jahre lang unter Drogen gesetzt und vergewaltigt, während sie wegen gynäkologischer Entzündungen, neurologischer Störungen und Gedächtnisverlust in Behandlung war. Dennoch vermutete keiner der Angehörigen der Gesundheitsberufe, dass sie Opfer sexueller Gewalt geworden war.
    Gisèle möchte ausdrücklich mit ihrem Namen genannt werden und lehnte es ab, dass der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, da sie der Meinung ist, dass die Scham die Seite wechseln muss. So zwang sie 50 der Angeklagten, sich der Öffentlichkeit zu stellen. Mit ihrer mutigen Haltung machte sie einen historischen Schritt im Kampf gegen chemische Unterwerfung.

    Die beiden Fälle hängen zusammen. Sie zeigen das gewaltvolle System des Patriarchats, dass auf der ganzen Welt herrscht, ob in der Schweiz, in Kenia oder in Frankreich. Anders als viele Zeitungen schreiben, sind dies keine Ausnahmefälle. Es mag so erscheinen, da sie ein Ausdruck von besonders grausamer und rücksichtsloser Gewalt sind. Aber diese Gewalt passiert tagtäglich und ihr Ursprung ist der Gleiche. Warum beteiligen sich hunderte von Männern an einer offensichtlichen Gruppenvergewaltigung und der Täter kommt über Jahre mit seinem Verhalten davon, ohne jemals angezeigt zu werden? Später sind alle überrascht, aber für uns ist es keine Überraschung. Wir, die Betroffenen von dieser Gewalt kennen dieses System gut und wir wissen, was uns jederzeit passieren kann. Deshalb ist auch ein Teil unserer Arbeit, dass wir uns gegenseitig schützen. Der sicherste Ort für uns ist unsere Gemeinschaft. Und auch nur gemeinsam können wir uns wehren. Genauso wie die tausenden Frauen und Queers auf den Straßen Kenias und Gisèle Pélicot, die stellvertretend für viele Betroffene spricht und die weiß, dass sie nicht alleine ist.
    Wir wollen diesen Moment nutzen, um einen Gruß herauszuschicken an alle, die täglich unter den schwersten Bedingungen füreinander einstehen. Ihr seid definitiv nicht alleine!