
Am 7. September wurde eine Frau in Feldbrunnen (SO) tödlich verletzt.
Sie wurde gegen 6.15 Uhr morgens in einem Mehrfamilienhaus gefunden und verstarb kurz darauf im Spital. Wir kennen weder ihren Namen noch ihr Alter. Wir wissen nicht, was sie im Leben gerne tat und wen sie hinterlässt. Wir haben auch keine offizielle Bestätigung, dass es sich um einen Mord handelt – nur die Information, dass die Polizei zum Tathergang ermittelt und um Hinweise bittet. Aus Erfahrung wissen wir, dass das bedeutet, dass es sich um einen Feminizid handelt.
Diese Erfahrung haben wir uns erarbeitet. Wir schauen hin, wir lesen die Nachrichten, wir konsultieren Polizeimeldungen und kennen inzwischen den Jargon. Liebend gerne würden wir all das nicht tun müssen. Doch wir sind dazu gezwungen: 2025 ist das tödlichste Jahr, seit wir in der Schweiz Feminizide aufzeichnen. Alle eineinhalb Wochen wurde ein Feminizid verübt.
Das wissen wir dank der unermüdlichen Arbeit von feministischen Kollektiven wie dem unsrigen. Plötzlich wurde auch die Politik aufgeschreckt und will jetzt Massnahmen treffen, um dieser Gewalt ein Ende zu setzen. Es wird viel von elektronischer Überwachung gesprochen, von Warnsystemen für Überlebende von patriarchaler Gewalt. Wir warten immer noch darauf, dass Unterstützungsangebote und Unterschlupfmöglichkeiten mehr Geld erhalten.
Es mag nicht immer auf der Hand liegen, weshalb wir immer wieder betonen, dass öffentliche Institutionen wie Justiz und Polizei uns nicht schützen können. Die vorgeschlagene Strategie zeigt aber einmal mehr, dass diese im Patriarchat stehen geblieben sind: Es wird mehr Überwachung und Kontrolle gefordert und die Verantwortung an die von Gewalt betroffenen abgeschoben.
Es kann zwar argumentiert werden, elektronische Fussfesseln und Warnsysteme ermächtigten die Frauen dazu, proaktiv zu sein und Schutz zu suchen. Doch wo sollen sie diesen finden, wenn es keinen Platz in Frauenhäusern gibt? Sollen sie bei jedem Alarm ihr Leben, ihre Liebsten, ihre Hobbies und ihre Arbeit aufgeben? Was für ein Leben wäre das noch und um welchen Preis?
Die einzige wirkliche Lösung bleibt weiterhin, aus patriarchalischen Denk- und Rollenmustern auszubrechen. Kontrolle und Überwachung sind Kern des Problems, nicht Teil der Lösung. Solidarität, gegenseitige Hilfe und konsequente Unterstützung (auch finanziell) der Gewaltbetroffenen wären hingegen ein Schritt in die richtige Richtung.
Die einzige Option, um unser Leben zu schützen: Das Patriarchat muss fallen. Gemeinsam schaffen wir das!