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Feminizid

21. Feminizide in der Schweiz im Jahr 2023

Am 11. November ereignete sich in Sitten ein Doppelmord. Eine Frau starb, nachdem sie von einem Mann auf der Strasse erschossen worden war.
Mehrere Zeitungen berichteten, dass der Mörder sie belästigt hatte und dass eine Anzeige erstattet worden war, die jedoch zu den Akten gelegt wurde. Auf der Pressekonferenz erklärt die Staatsanwaltschaft, dass es sich nicht um einen Feminizid handelt, da es keine intime Beziehung zwischen Opfer und Täter gab. Feminizide sind Morde, deren Motiv das Geschlecht ist und die dadurch ermöglicht werden, dass die Institutionen Straflosigkeit gegenüber patriarchaler Gewalt aufrechterhalten. Die Reduzierung von Feminiziden auf die Intimsphäre verschleiert das Ausmass des Problems und die Verantwortung des Staates.
Ebenso leugnet die Bezeichnung des Täters als Verrückter oder Psychopath die Verantwortung für ein ganzes System von Diskriminierung und Herrschaft, dessen brutalster Ausdruck die Feminizide sind.
Nach dem Feminizid von Guilia in Italien äusserte sich ihre Schwester wie folgt: “Macht keine Schweigeminute für Guilia, verbrennt alles, denn was wir brauchen, ist eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft”.
Im Namen der in Sion getöteten Frau und aller anderen Frauen werden wir weiter kämpfen, um das Patriarchat zu zerstören und auf seiner Glut eine feministische und solidarische Gesellschaft aufzubauen.
Wir schicken all unsere Gedanken und viel Kraft an ihre Angehörigen und stehen zur Verfügung, wenn Sie uns kontaktieren möchten.

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Aktion Feminizid

Gerechtigkeit für Jamilia!

Am Montag, 29. November, fand der Prozess zum Feminizid statt, der vor eineinhalb Jahren in der Kollektivunterkunft Büren an der Aare verübt wurde.


Wir haben der Verhandlung beigewohnt, bei welcher der Ehemann von Jamilia zu 20 Jahren Gefängnis wegen Mordes verurteilt wurde.
Wir sind schockiert, dass die Mitverantwortung der Unterkunftsleitung und des Schweizer Asylwesens im Gesamten kein einziges Mal erwähnt wurde. Es wurde auch nicht verlangt, das endlich Präventationsmassnahmen gegen patriarchale Gewalt in den Unterkünften für Geflüchtete getroffen werden.


Wir kritisieren auch, dass die Gewalt als ein individuelles und «importiertes» Problem dargestellt wurde. In der Schweiz werden jedes Jahr zahlreiche Personen ermordet, die vorher bei den Behörden Hilfe gesucht haben – wie Jamilia. Der Beweis, dass der Schweizer Staat und die Organisationen, die ihn vertreten, Teil des Problem sind und dass Feminizide nicht «importiert» sondern auch ein durch und durch schweizerisches Phänomen sind.


Der Prozess war zudem von krudem Sexismus geprägt. Das Gericht befand für notwendig, zu untersuchen, ob Jamilia einen Geliebten gehabt hat. Es wurde zwar festgestellt, dass es sich um Lügen des Mörders handelte, aber die Tatsache, dass diese Frage überhaupt gestellt wurde, dient schlicht der Umkehr der Schuld zwischen Täter und Opfer. Die Vorsitzende des Gerichts hat darauf in Betracht gezogen, dass es sich um eine Tötung aus Leidenschaft gehandelt habe: Die Frage sei, ob der Angeschuldigte ein aufbrausender Tyrann oder ein untröstlicher Ehemann sei. Sie kamen zum Schluss, dass es sich nicht um eine Tat im Affekt gehandelt habe, denn diese sei davon charakterisiert, dass das Opfer sie teilweise provoziert habe. Dass überhaupt noch von Affekt gesprochen wird, davon, dass aus Liebe gemordet werden könne und das ein mildernder Umstand sei, ist absolut skandalös! Es ist dringend, diese Umkehr von Täter und Opfer nicht mehr zuzulassen, bei der eine Provokation von Seiten der getöteten Person vermutet und gesucht wird! Diese Haltung hat schon genügend Schaden angerichtet. Es gibt nichts, das rechtfertigen würde, jemandem das Leben zu nehmen und sie ihren Liebsten zu entreissen!


Gerechtigkeit für Jamilia und für alle anderen Opfer von Feminiziden bedeutet, alles zu tun, um zu vermeiden, dass auch nur ein einziger weiterer Feminizid stattfindet!

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Feminizid Internationales Statement

Ein gesunder Sohn des Patriarchats

«Er ist kein Monster, er ist ein gesunder Sohn des Patriarchats, der Rape Culture. Feminizide sind Staatsmorde, denn der Staat schützt uns nicht.»


Das sind die Worte der Schwester einer Frau, die am vergangenen Samstag in Italien ermordet worden ist. Sie hat sie den Medien gegenüber geäussert, welche sie über die italienischen Grenzen und auch in die Schweiz getragen haben. Was eine starke und schöne Art, den Namen deiner getöteten Schwester hoch zu halten! Wir sind von ganzem Herzen mit dir und deinen Nächsten.


Noch viel zu oft werden die Menschen, die patriarchale Gewalt ausüben, von den Medien und der Gesellschaft als sympathisch, normal, ruhig, höflich beschrieben… oder als «perfekten Sohn», gemäss dem Vater des Täters von letztem Samstag, in dessen Gehirn «etwas explodiert sein muss.»


Solange die patriarchale Gewalt als etwas Krankes, Anormales, Monströses und diese Taten als aussergewöhnliche und isolierte Vorkommnisse dargestellt werden, scheint es, dass wir nichts dagegen tun können und niemand die Verantwortung trägt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Diese Gewalt wird von einem System (dem Patriarchat) und einer Kultur hervorgebracht. Durchbrechen wir dieses System, ändern wir diese Kultur, um diese Gewalt zu stoppen!

Solidarität mit den Angehörigen und Freundinnen von Giulia, Solidarität mit den Angehörigen und Freundinnen aller Opfer von Feminiziden!

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Feminizid Statement

Let’s talk about Sex Work

Voller Trauer haben wir vom 19. Feminizid in Richterswil am 11. Novembers 2023 erfahren. Sie arbeitete als Sexarbeiterin und wurde an diesem Abend von einem Kunden in einer Wohnung ermordet.

Wie ProCore (Prostitution Collective Reflection) und FiZ in einem Bericht zu Gewalt in der Sexarbeit schreiben, sind nicht alle Sexarbeiterinnen von Gewalt betroffen – es ist aber ein Bereich, der überdurchschnittlich stark von patriarchaler Gewalt und Prekarität gekennzeichnet ist. Viele Sexarbeiterinnen erfahren alltägliche Abwertung, Gewalt und Ausbeutung – immer wieder werden Sexarbeiter*innen ermordet.

Diese Gewalt gründet in einem hierarchischen und patriarchalen Geschlechterverhältnis, in dem Männlichkeit bedeutet, Macht und Kontrolle über Frauen, feminisierte Menschen und Queers auszuüben. Feminizide, wie dieser in Richterswil, beruhen auf patriarchalen Vorstellungen, gemäss denen cis Männer Anspruch darauf haben, weibliche und feminisierte Körper zu besitzen. Dabei müssen sich Täter und ermordete Person nicht unbedingt kennen, wie die Feminizide an Sexarbeiter*innen zeigen.

Wir sind unglaublich traurig und wütend. Wir denken an die ermordete Frau, ihre Angehörigen und ihre Berufskolleginnen. Und wir kämpfen weiter für eine Welt in der alle Frauen und Queers in Sicherheit leben können. Wir wollen uns lebend – keine einzige* mehr!

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Feminizid

20. Feminizid in der Schweiz

Am Sonntag, den 24. September 2023, ereignete sich in Biel erneut ein Femizid. Mutmasslich 2 Männer stürzten eine Frau vom Balkon eines Wohnhauses, woraufhin sie verstarb. Sie wurde 47 Jahre alt. Es ist bereits der 20. Femizid dieses Jahr in der Schweiz, von dem wir wissen. Es macht uns unfassbar traurig und wütend. Wir denken an dich, auch wenn wir deinen Namen wahrscheinlich niemals erfahren werden. Wir wissen, dass du wie wir alle Träume und Wünsche hattest und viel zu früh aus dem Leben gerissen wurdest. Wir werden weiterkämpfen, damit keine mehr von uns Gewalt und Misshandlung erfahren muss und nie wieder ein Mensch durch patriarchale Gewalt ermordet wird. Ni una menos!

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Feminizid

19. Feminizid in der Schweiz im Jahr 2023

«Femizid nach Streit» titeln die Zeitungen. So unpersönlich. Wir wissen mehr über den Täter und die Umstände deines Todes, als über dich, die du in den frühen Morgenstunden des 11. Novembers 2023 in Richterswil gestorben bist. Wir hätten gerne mehr gewusst. Nicht aus Sensationslust oder Voyeurismus, sondern weil du für uns nicht bloss eine weitere Zahl in der Auflistung der Feminizide in der Schweiz bist. Du warst ein Mensch voller Leben, voller Wünsche und Projekte und du wirst bestimmt von deinem Umfeld vermisst. Viel zu früh wurdest du von der patriarchalen Gewalt aus dem Leben gerissen und wir sind von ganzem Herzen bei deinen Angehörigen. Wir werden deinen Tod nicht vergessen, sobald die Zeitungsmeldungen vorbei sind. Wir werden uns an dich erinnern!
19 Femizide seit Anfang des Jahres, von denen wir wissen. Alle 2.5 Wochen starb eine Frau in der Schweiz durch Feminizid. Leider haben wir keine Aufzeichnungen über Gewalt an Transpersonen, nicht-binären Menschen oder Sexarbeitenden. Die Zahl der Toten wäre vermutlich noch höher. Wie viele braucht es noch, bis die Gesellschaft aufwacht und sagt: Keine einzige mehr, ni una menos! Ein Feminizid ist nicht nur eine Zeitungsmeldung, sondern Ausdruck von systematischer Gewalt. Setzen wir uns gemeinsam und solidarisch dafür ein, dass sie ein Ende findet!

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Feminizid

18. Feminizid

Am 20. Oktober 2023 wurde eine 30-jährige Frau aus Zürich in Indien von ihrem Dating-Partner ermordet. Indischen Medien zufolge tötete der Täter die Frau, da sie eine langfristige Beziehung mit ihm ablehnte. Es ist ein weiterer Feminizid in einer langen Liste im 2023, der die gewaltvollen patriarchalen Eigentumsansprüche von cis Männern über Frauen offenbart.

Wir gedenken der verstorbenen Frau und senden ihren Angehörigen viel Kraft in dieser schwierigen Zeit. Wir werden auch in deinem Namen weiterkämpfen, um patriarchale Gewalt und männliche Besitzansprüche zu beenden. Wir wollen uns lebend!

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Feminizid

17. Feminzid in der Schweiz im Jahr 2023

Am 1. Oktober wurde eine 30-jährige Frau in Embrach im Kanton Zürich Opfer eines Feminizids.
Sie wurde von einem Mann angegriffen, der sie so schwer verletzte, dass sie noch am selben Abend im Krankenhaus starb.
Die Medien berichten, dass eine Frau nach einem Streit gestorben ist. Ein Streit ist ein Konflikt zwischen zwei gleichberechtigten Parteien. Wenn eine Person durch ihre Äusserungen oder ihr Verhalten eine andere Person kontrollieren und zerstören will, ist das, wenn ein Dominanzverhältnis besteht, ein Angriff. Zu schreiben, dass eine Person in einem Streit gestorben ist, erweckt den Eindruck, dass beide Seiten Schuld haben.
Feminizide sind keine isolierten Gewalttaten. Sie sind Teil eines sogenannten feminizidalen Kontinuums, das alle Gewalttaten umfasst, die zur Objektivierung und Vernichtung von Frauen und allen weiblich gelesenen und queeren Personen beitragen.
Wir leben in einer Gesellschaft, die diese Gewalt zulässt, und sie betrifft uns alle.
Die junge Frau, die in Embrach getötet wurde, hätte unsere Schwester, unsere Freundin oder unsere Nachbarin sein können. Wir denken an sie und wollen uns an sie erinnern. Wenn wir weiterhin gegen Feminizide und patriarchale Gewalt kämpfen, ist das unsere Art, ihr Andenken zu ehren.

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Feminizid

16. Feminizid

Am 2. August hat ein Mann aus der Schweiz in Pristina seine 27-jährige Freundin María im Streit aus dem sechsten Stock gestossen. María und ihr Freund lebten in der Schweiz und waren für eine Hochzeitsfeier in den Kosovo gereist. Es ist ein weiterer Feminizid in einer langen Liste und macht uns unendlich traurig und wütend. Unsere Gedanken sind bei der Familie und dem Umfeld von María, die ihren Tod ebenfalls als Feminizid bezeichnen. Wir senden euch viel Kraft! Gerne dürft ihr euch jederzeit bei uns melden für Unterstützung.

Der Feminizid an María fand nicht in der Schweiz statt und wird dementsprechend vermutlich auch nicht in den ohnehin dürftigen Zahlen zu Feminiziden in der Schweiz auftauchen. Wir wissen: Patriarchale Gewalt kennt keine Grenzen und keine Nationalitäten. Und wir wissen, dass auch unser Kampf gegen patriarchale Gewalt über nationale Grenzen hinausgehen muss, denn militarisierte Grenzregime, Nationalismus und Abschottung führt zu noch mehr patriarchaler Gewalt.

Die mediale Berichterstattung über die Ermordung von María befeuert wieder einmal patriarchale Werte und betreibt Täter-Opfer-Umkehr. Ein Blick-Artikel zitiert beispielsweise Menschen, die den Täter als netten Mann kannten und sich daher nicht vorstellen könnten, dass er zu einem Feminizid in der Lage wäre. Damit betreibt der Blick Verharmlosung von patriarchaler Gewalt. Fakt ist: Eine von vier Frauen erlebt häusliche Gewalt. Jede zweite Woche wird eine Frau, nonbinäre oder queere Person ermordet. Dass Cis-Männer physische und psychische Gewalt gegenüber ihren Partnerinnen anwenden, hat keinen Zusammenhang damit, wie sie auf andere, z.B. die Familie, die Nachbarinnen, die Arbeitskolleg*innen wirken. Menschen, die patriarchale Gewalt ausüben, sind Meister der Manipulation und häufig gegen aussen charmante Personen. Es ist daher unglaublich wichtig, dass wir Überlebenden und Betroffenen von patriarchaler Gewalt glauben! Denn nur so können wir beginnen dieser Gewalt gemeinsam ein Ende zu setzen.

María – auch wenn wir dich nicht kannten, wir trauern um dich und werden dich nicht vergessen! Lasst uns gemeinsam gegen Feminizide aktiv werden – keine Einzige mehr!

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Feminizid

15. Feminizid in der Schweiz in diesem Jahr

Am 3. August wurde in Monthey im Wallis eine 46-jährige Frau vermutlich von ihrem Ehemann getötet. Ihre Tochter wurde ebenfalls verletzt.
Wir hoffen, dass sie sich schnell erholt. Wenn du das liest: Wir denken fest an dich, du bist nicht allein und du kannst dich bei uns melden, wenn du willst.
Wir möchten weinen, aber auch schreien. Unsere Wut auf die Polizei und die Zeitungen, die wieder einmal über ein Familiendrama berichten, herausschreien. Sie wollen Feminizide in die Privatsphäre verbannen und uns daran hindern, der Welt zu zeigen, dass es sich um Morde handelt, die durch ein ganzes System ermöglicht werden, in dem Sexismus normalisiert ist. Aber je mehr sie versuchen, uns zum Schweigen zu bringen, desto lauter werden wir schreien, dass wir gemeinsam das System, das unsere Geschwister tötet, in Schutt und Asche legen werden. Und auf dieser Asche werden wir eine feministische Gesellschaft erblühen lassen, die auf Solidarität beruht.
Wenn auch du jedes Mal weinen könntest, wenn dir bewusst wird, wie sehr patriarchale Gewalt in unserer Gesellschaft verbreitet ist, dann schreibe uns und schliesse dich uns an. Denn unsere gemeinsamen Tränen sind ein Meer, dessen Wellen mächtig sind.