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Statement

Polizeigewalt und Feminizide im Kanton Waadt

Polizeigewalt und Femizide im Kanton Waadt

Er hiess Marvin, war 17 Jahre alt und wurde am 23.08.2025 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

Sie hiess Camila, war 14 Jahre alt und wurde am 30.06.2025 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

Er hiess Michael, war 39 Jahre alt und wurde am 25.05.2025 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

Er hiess Nzoy, war 37 Jahre alt und wurde am 30.08.2021 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

Er hiess Mike, war 39 Jahre alt und wurde am 28.02.2018 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

Er hiess Lamin, war 23 Jahre alt und wurde am 24.10.2017 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

Er hiess Hervé, war 27 Jahre alt und wurde am 06.11.2016 von der Polizei des Kantons Waadt getötet.

Sie wurden bei einem Einsatz der Waadtländer Polizei getötet.
Zu dieser langen Liste muss noch hinzugefügt werden:

Eli, die am 19.03.2021 43 Jahre alt war, als sie in Bussigny von ihrem Lebensgefährten, einem Polizisten der Stadt Lausanne, getötet wurde.
Coralie, die 40 Jahre alt war, Alyssia, die 13 Jahre alt war, Madyson, die 9 Jahre alt war, und Chelsey, die 5 Jahre alt war, wurden am 09.03.2023 in Yverdon-les-Bains getötet. Ein Feminizid und dreifacher Kindsmord, verübt von Coralies ehemaligem Lebensgefährten, der Polizist bei der Waadtländer Polizei gewesen war, bevor er sich umorientiert hatte.
Es war der Kampf der Kollektive von Angehörigen der getöteten Personen und ihren Verbündeten, der es ermöglichte, den weit verbreiteten Rassismus und Sexismus in der Waadtländer Polizei aufzudecken.
Auch wenn die Behörden Feminizide oder Polizeigewalt nicht dokumentieren will, scheint der Zusammenhang offensichtlich zu sein.

Zudem gab es mehrere Beispiele, die in den letzten Jahren durch die Medien bekannt wurden, die die sexistische Gewalt von Polizisten bei der Arbeit und im Privatleben aufzeigten.

Zu nennen ist hier der Fall von Chahinez Daoud, die 2021 in Frankreich von ihrem Ehepartner getötet wurde und deren Anzeige von einem Polizisten entgegengenommen wurde, der selbst wegen häuslicher Gewalt verurteilt worden war.

In London führte der Feminizid von Sarah Everard, die von einem Polizisten vergewaltigt und anschliessend getötet worden war, zu grossen Demonstrationen, die die Behörden zu Ermittlungen zwangen, die unter anderem ergaben, dass in einem Zeitraum von drei Jahren über 700 Fälle von häuslicher Gewalt durch Polizisten registriert wurden.

In Frankreich hat die NGO Disclose eine Untersuchung durchgeführt und 429 Betroffene von sexueller Gewalt durch Polizisten identifiziert.

Polizisten, deren Verhältnis zur Welt von Männlichkeit geprägt ist, können natürlich zu Hause genauso gewalttätig sein wie bei der Arbeit. Die Polizei zeichnet sich durch ein permanentes Verhältnis der Unterwerfung des anderen aus, das legitim ist. Die Gewalt, die Marvin, Camila, Michael, Nzoy, Mike, Lamin und Hervé tötete, hat die gleichen Wurzeln wie die Gewalt, die Eli, Coralie, Alyssia, Madyson und Chelsey tötete.

Die Waadtländer Behörden versuchen uns glauben zu machen, dass diese Mordserie das Werk einiger weniger Personen sei, die man nur beiseite schieben müsse, um das Problem zu lösen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, daran zu erinnern, dass es die strukturelle Aufgabe der Polizei als Institution ist, die Machtstrukturen der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Sie kann daher nicht anders, als strukturell rassistisch und patriarchal zu sein.

Der Kampf gegen patriarchale Gewalt ist ein Kampf gegen das System, das diese Gewalt ermöglicht!

Gerechtigkeit für alle Opfer von Polizeigewalt!

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Feminizid

Feminizid in der Schweiz im Jahr 2025

Am 7. September wurde eine Frau in Feldbrunnen (SO) tödlich verletzt.
Sie wurde gegen 6.15 Uhr morgens in einem Mehrfamilienhaus gefunden und verstarb kurz darauf im Spital. Wir kennen weder ihren Namen noch ihr Alter. Wir wissen nicht, was sie im Leben gerne tat und wen sie hinterlässt. Wir haben auch keine offizielle Bestätigung, dass es sich um einen Mord handelt – nur die Information, dass die Polizei zum Tathergang ermittelt und um Hinweise bittet. Aus Erfahrung wissen wir, dass das bedeutet, dass es sich um einen Feminizid handelt.
Diese Erfahrung haben wir uns erarbeitet. Wir schauen hin, wir lesen die Nachrichten, wir konsultieren Polizeimeldungen und kennen inzwischen den Jargon. Liebend gerne würden wir all das nicht tun müssen. Doch wir sind dazu gezwungen: 2025 ist das tödlichste Jahr, seit wir in der Schweiz Feminizide aufzeichnen. Alle eineinhalb Wochen wurde ein Feminizid verübt.
Das wissen wir dank der unermüdlichen Arbeit von feministischen Kollektiven wie dem unsrigen. Plötzlich wurde auch die Politik aufgeschreckt und will jetzt Massnahmen treffen, um dieser Gewalt ein Ende zu setzen. Es wird viel von elektronischer Überwachung gesprochen, von Warnsystemen für Überlebende von patriarchaler Gewalt. Wir warten immer noch darauf, dass Unterstützungsangebote und Unterschlupfmöglichkeiten mehr Geld erhalten.
Es mag nicht immer auf der Hand liegen, weshalb wir immer wieder betonen, dass öffentliche Institutionen wie Justiz und Polizei uns nicht schützen können. Die vorgeschlagene Strategie zeigt aber einmal mehr, dass diese im Patriarchat stehen geblieben sind: Es wird mehr Überwachung und Kontrolle gefordert und die Verantwortung an die von Gewalt betroffenen abgeschoben.
Es kann zwar argumentiert werden, elektronische Fussfesseln und Warnsysteme ermächtigten die Frauen dazu, proaktiv zu sein und Schutz zu suchen. Doch wo sollen sie diesen finden, wenn es keinen Platz in Frauenhäusern gibt? Sollen sie bei jedem Alarm ihr Leben, ihre Liebsten, ihre Hobbies und ihre Arbeit aufgeben? Was für ein Leben wäre das noch und um welchen Preis?
Die einzige wirkliche Lösung bleibt weiterhin, aus patriarchalischen Denk- und Rollenmustern auszubrechen. Kontrolle und Überwachung sind Kern des Problems, nicht Teil der Lösung. Solidarität, gegenseitige Hilfe und konsequente Unterstützung (auch finanziell) der Gewaltbetroffenen wären hingegen ein Schritt in die richtige Richtung.
Die einzige Option, um unser Leben zu schützen: Das Patriarchat muss fallen. Gemeinsam schaffen wir das!

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    Feminizid

    23. Feminizid

    Am 26. August 2025 wurde eine Frau in Neuhausen am Rheinfall (SH) ermordet.
    Sie wurde 47 Jahre alt und starb am Dienstagnachmittag an ihren Verletzungen. Wir würden gerne mehr über sie sagen können: Wie sie hiess, was ihr im Leben Freude bereitete, was sie nervte… Sie ist für uns nicht bloss ein weiteres Opfer eines Feminizides – sie war ein Mensch mit Hoffnungen, Träumen und Ängsten.
    Die Medien, die Polizei, das System im Allgemeinen möchte uns dazu bringen, sie nicht als Mensch wahrzunehmen. Denn das würde nur dazu führen, dass wir noch wütender und noch trauriger werden. Diese Wut und diese Trauer – so die Angst des Patriarchats – könnte übergreifen.
    Wir aber wollen sie, diese Wut und diese Trauer. Wir trauern über jedes einzige Geschwister, das wir durch einen Feminizid verlieren und wir verwandeln die Wut über ihren Tod in Kraft, um dafür zu kämpfen, dass es nie mehr zu Feminiziden kommt.
    Falls ihr die betroffene Person kanntet und mit uns teilen möchtet, wie sie hiess, wer und wie sie war, dann würde uns das sehr freuen. Es ist auch immer schön, ein Foto zu haben.
    Unsere Trauer und unsere Wut sind unsere Kraft. Gemeinsam werden wir es schaffen, dass wir nie mehr um eine weitere Schwester trauern müssen, die ermordet wurde.

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    Feminizid

    20., 21. und 22. Feminizid

    Eine Frau und ihre beiden Töchter wurden am 19. August in Corcelles (NE) ermordet.
    Sie war 47 Jahre alt und hatte zwei Töchter im Alter von 10 und 3½ Jahren. Eine Nachbarin erzählte der Presse, dass sie die ältere Tochter am Tag zuvor auf der Treppe getroffen habe und diese sich sehr über den Schulbeginn gefreut habe.
    Das erfüllt uns mit Tränen und unser Herz ist voller Wut. Eine Wut, die wir gegen das System richten wollen, in dem wir leben und in dem Feminizide als Einzelereignisse betrachtet werden. Eine Wut gegen ein Justizsystem, das die Opfer von Gewalt nicht schützt. Die in Corcelles ermordete Frau hatte bereits die Polizei eingeschaltet, wie ein Grossteil der Opfer von Feminiziden.
    Für uns ist klar, dass wir die Dinge selbst in die Hand nehmen müssen, wenn wir unser Leben und das unserer Geschwestern schützen wollen. Lasst uns weiterhin mobilisieren, uns organisieren und an die Kraft der feministischen Bewegung glauben.

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    Aktion

    Letzter August: Der Kampf gegen patriarchale Gewalt hat keine Grenzen!

    Morgen ist der 1. August, ein Datum das traditionellerweise der Normalisierung und Romantisierung von Grenzen, Abschottung und rechten Narrativen Platz bietet. Wir wollen den Nationalfeiertag nicht feiern und nehemen ihn zum Anlass, unsere Kritik und Gegenperspektiven aufzuzeigen.

    Wir folgen dem Aufruf der Kampagne „letzter august“ zu Aktionstagen für Bewegungsfreiheit und eine solidarische Zukunft mit einem kleinen Zeichen.

    Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) ist die nationale Koordinationsstelle für die Umsetzung der Istanbul-Konvention. Wir haben heute vor dem Gleichstellungsbüro ein Transparent aufgehängt mit der Aufschrift “Istanbul-Konvention unterschreiben – und patriarchale Patriarchale Gewalt nicht als Fluchtgrund anerkennen? Bewegungsfreiheit für alle”.  Wir sind wütend, dass die Schweiz die Istanbul-Konvention unterschreibt, der Schutz, welcher durch sie gewährt werden soll, jedoch nicht für alle gilt.

    Das Ziel der Istanbul-Konvention ist es, «Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen». Sie soll alle Formen der Diskriminierung beseitigen und die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern fördern (Art. 1 Bst. a und b).

    Die Vertragsstaaten verpflichten sich dadurch zum Schutz der Opfer «ohne jegliche Diskriminierung» (Art. 4 Abs. 3), insbesondere aufgrund der Herkunft, der Religion, des Aufenthaltsstatus, einer Behinderung, der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität.

    In der Schweiz gilt die Istanbul-Konvention nicht “ohne jegliche Diskriminierung”.    

    Eigentlich sieht die Instanbul-Konvention mehrere Verpflichtungen zum Schutz von Migrantinnen und Geflüchteten vor. Insbesondere garantiert Artikel 59 Absatz 1 unter bestimmten Voraussetzungen die Erteilung einer eigenständigen Aufenthaltsbewilligung für Opfer, deren Aufenthaltsstatus von ihrem Ehepartner oder Partner abhängt. 

    Die Schweiz hat jedoch einen Vorbehalt zu dieser Bestimmung eingelegt, der vorsieht, «sie nicht oder nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Bedingungen anzuwenden». Ein Vorbehalt gegen diese Bestimmung, welcher Migrant*innen schützen soll, wenn ihre Aufenthaltsbewilligung von einem gewalttätigen Partner abhängt wurde zwar 2025 aufgehoben, die Bedingungen machen es jedoch fast unmöglich Asyl zu bekommen. Denn die Person kann zwar eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, muss jedoch nach einem Jahr nachweisen, dass sie wirtschaftlich unabhängig ist.

    Zudem wird patriarchale Gewalt vom SEM in der Regel nur dann als Asylgrund anerkannt, wenn die betroffene Person im Herkunftsort bei den dortigen Behörden nach Schutz ersucht hatte und diesen von den staatlichen Institutionen wie Polizei, Gerichte oder von Schutzeinrichtungen wie einem Frauenhaus, nicht erhalten haben. 

    Die Schweiz wurde im April 2025 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt, weil sie nicht das Leben einer Frau zu geschützt hat, die von ihrem Partner gefangen gehalten, misshandelt und vergewaltigt worden war, nachdem sie ihm ihre Absicht mitgeteilt hatte, die Beziehung zu beenden.

    Das ist kein Einzelfall. Wir fordern Schutz für alle und die grenzenlose Bekämpfung partriarchaler Gewalt. Für Bewegungs- und Bleibefreiheit. 

    Gegen Nationalgrenzen, gegen die Festung Europas und die aktuelle GEAS-Reform und für eine Anerkennung der Mitverantwortung der Schweiz von Krieg und Zerstörung auf der ganzen Welt, welche Menschen zwingt ihre Heimat zu verlassen.

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    Événement

    Pride Rouge!

    Am 19. Juli 2025 waren wir bei der Pride Rouge in Neuenburg. Eine beeindruckende Demonstration, die von KJ organisiert wurde und mehrere hundert Menschen zusammenbrachte.

    Eine Aktivistin von Queerneuch ergriff das Wort, um über Maja zu sprechen:

    Maja ist eine nicht-binäre Person, eine antifaschistische Aktivist*in, die seit einem Jahr in Ungarn inhaftiert ist.

    Maja wird beschuldigt, eine Demonstration angegriffen zu haben, an der jedes Jahr Tausende von Nazis in Budapest teilnehmen. Maja wurde in Deutschland festgenommen und illegal nach Ungarn ausgeliefert, wo Maja seit einem Jahr unter schrecklichen Bedingungen in Einzelhaft gehalten wird. Anfang Juni trat Maja in den Hungerstreik, um Maja‘s Überstellung nach Deutschland zu fordern, um Maja‘s Isolationshaft zu durchbrechen. Nach 40 Tagen, als sich Majas Gesundheitszustand gefährlich verschlechterte und die Herzfrequenz auf 30 Schläge pro Minute sank, beendete Maja den Hungerstreik mit den Worten:

    “Danke an alle, die das Wort ergriffen haben, die an unserer Seite stehen, an alle, die mutig hier geblieben sind, an alle, die die Notwendigkeit des Antifaschismus unterstützen, an alle, die unterstützen, die sich Tag und Nacht aufopfern, die geben und die Massstäbe setzen. Diese Vielfalt steht sowohl für Widerstand als auch für Utopie”.

    Dieser Hungerstreik ist ein extrem starker Akt des Widerstands, der zu einer grossen Kampagne mit sehr vielen Solidaritätsaktionen geführt hat. Majas Vater übernahm den Widerstand seines Kindes, indem er einen langen Hungermarsch von Dresden nach Budapest unternahm. Der Druck zwang den deutschen Aussenminister dazu, einen Besuch in Ungarn anzukündigen, um über Majas Fall zu sprechen.

    In einer Welt, in der Faschisten versuchen, die Rechte von queeren Menschen zu zerstören und sie an ihrer Existenz zu hindern, hat Maja die Aktion gewählt, um sie daran zu hindern, durchzukommen. Heute ist Antifaschismus für die queere Gemeinschaft eine Frage der Selbstverteidigung!

    Maja – in einem Land inhaftiert, das die LGBTQI-Gemeinschaft kriminalisiert – steht stolz zur queeren Identität, auch wenn Maja dadurch noch mehr Gewalt ausgesetzt ist.

    Senden wir eine Botschaft an die deutschen Bürokraten: Wenn sie eine Person mit den Farben des Regenbogens verletzen, werden wir gemeinsam reagieren! Es ist an der Zeit, überall weiter Druck zu machen. Es braucht den Kampf der Queer-Community in der Kampagne für Majas Freilassung.

    Während 200.000 Menschen durch die Strassen von Budapest marschierten, um an einer nicht genehmigten Pride teilzunehmen, ist die Botschaft klar: Unser Stolz ist stärker als ihre Unterdrückung!

    Wir lassen nicht locker

    Freiheit für Maja

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    Statement

    Wenn die Polizei mordet – Gerechtigkeit für Camila

    Am 1. Juli 2025 stirbt Camila, ein 14-jähriges Mädchen in Lausanne, nachdem die Polizei sie und einen weiteren Jugendlichen auf einem Motorroller verfolgt hatte.
Die Polizei spricht von einem „Kontrollversuch“ – doch was passiert ist, ist eine tödliche Eskalation staatlicher Gewalt. Ein junges Leben wurde ausgelöscht – weil sich zwei Jugendliche der Polizei nicht unterordnen wollten.

    Camila hatte gerade ihr Schuljahr am Collège de Béthusy in Lausanne beendet und wollte den Beginn der Sommerferien feiern. Ihr Vater beschreibt sie als ein süsses und ruhiges Mädchen. Sie war Fussballspielerin beim FC Concordia, der auf seiner Facebook-Seite schrieb: “Camila, dein Lächeln, deine Freundlichkeit, deine Energie und deine Leidenschaft für das Spiel haben jedes deiner Trainings und jedes deiner Spiele erhellt. Du warst mehr als eine Spielerin: Du warst eine Freundin, eine Teamkollegin, ein Stern unter uns.”

    Polizeigewalt ist kein Fehler im System. Sie ist Teil davon.


    Immer wieder sehen wir, wie Polizei mit brutaler Konsequenz agiert, wenn Menschen sich ihrer Kontrolle entziehen wollen. Wer flieht, wird gejagt. Wer sich nicht unterordnet, wird dazu gezwungen. Auch wenn es Kinder sind. Auch wenn es tödlich endet.
Diese Form der Machtdemonstration ist kein „Einzelfall“, sondern Ausdruck eines Gewaltapparats, der gelernt hat, dass er mit allem davonkommt.

    Polizeiliche Gewalt funktioniert nach patriarchaler Logik.


    Wie patriarchale Täter in Beziehungen versuchen, Kontrolle mit Gewalt durchzusetzen, handelt auch die Polizei: Sie will Gehorsam. Sie will Unterwerfung. Und sie nutzt Angst, Einschüchterung und Strafe als Mittel, um diese Ordnung aufrechtzuerhalten.
Polizeigewalt ist keine neutrale Gewalt. Sie richtet sich systematisch gegen bestimmte Menschen: Jugendliche, von Rassismus betroffene Menschen, Migrant*innen, arme Menschen – und immer wieder gegen Frauen, Mädchen und genderqueere Personen.

    Straflosigkeit sichert die Machtverhältnisse.


    Wenn Männer Frauen töten, werden sie oft durch Justiz, Medien und Gesellschaft relativiert.
Wenn die Polizei tötet, passiert dasselbe. Der Staat schützt seine Täter.
So bleibt Gewalt möglich – und normal. Was wir erleben, ist keine Ausnahme, sondern die Folge einer systematisch organisierten Straflosigkeit.

    Diese Gewalt geschieht nicht aus Versehen. Sie ist Konsequenz einer autoritären, patriarchalen Ordnung, die Kontrolle wichtiger findet als Leben.
 2018 tötete die Polizei Mike Ben Peter in Lausanne. Derselbe Polizist, der 2018 an diesem Einsatz beteiligt war, jagte nun ein 14-jähriges Mädchen durch die Strassen und nahm ihren Tod in Kauf. Vom Gericht wurden die Beamten, die bei der Tötung von Mike Ben Peter beteiligt waren, damals freigesprochen. Am 25. Mai wurde Michael Kenechukwu Ekemezie, ein junger Nigerianer, von der Lausanner Polizei während einer Festnahme getötet. Am 19. März 2021 wurde Evangelista Mañón Moreno (Eli) von ihrem Lebensgefährten, der ebenfalls Polizist bei der Polizei in Lausanne war, ermordet. Er tötete Eli mit seiner Dienstwaffe.

    Polizeigewalt und patriarchale Gewalt sind nicht getrennt – sie sind strukturell verbunden.


    Beide funktionieren durch Kontrolle, Einschüchterung, Angst. Beide werden selten konsequent verfolgt. Beide töten.
Wenn wir über Feminizide sprechen, müssen wir auch über die Polizei sprechen.
Denn ein System, das Täter schützt, ist nicht reformierbar. Es muss bekämpft werden.

    Wir wünschen allen Menschen, die Camila trauern, viel Kraft!

    Für Camila. Für alle, die durch Polizei und Patriarchat ihr Leben verloren haben.

    Wir vergessen nicht. Wir vergeben nicht. Wir kämpfen weiter.

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    Statement

    Feminizidversuche

    Seit dem 5. Juli zählt die Schweiz bereits 19 Feminizide seit Jahresbeginn 2025 – ein Mord alle zehn Tage. Und diese erschütternde Zahl zeigt nur einen Bruchteil der Gewalt.
    Anfang Juli berichteten die deutschsprachigen Medien über zwei versuchte Feminizide:
    Am 1. Juli wurde in Brittnau (AG) eine 47-jährige Frau beim Spazierengehen von ihrem Ex-Partner mit einem Messer angegriffen. In der darauffolgenden Nacht wurde in Oberägeri (ZG) eine 43-jährige Frau von ihrem Ehemann in der gemeinsamen Wohnung schwer verletzt – vor den Augen ihres Kindes.
    Wir sind in Gedanken bei den überlebenden Frauen. Wir senden ihnen unsere Solidarität und unsere Unterstützung.
    Patriarchale Gewalt ist kein tragischer Einzelfall. Sie ist eine strukturelle Realität, tief verwurzelt in unserer Gesellschaft – sie tötet und zerstört Leben, Woche für Woche. Sie ist nicht unsichtbar: sie ist bekannt, angeprangert, dokumentiert.
    Fachpersonen und engagierte Organisationen schlagen seit Jahren Alarm. Doch es fehlt massiv an Ressourcen, um auf die Notlage zu reagieren: Es gibt zu wenig Schutzplätze, Beratungsstellen sind überlastet, viele Betroffene bleiben allein – Prävention ist kaum vorhanden. Die Schweiz verfügt über viermal weniger Schutzplätze als das von der Istanbul-Konvention empfohlene Minimum.
    Wir wollen diese Gewalt nicht normalisieren. Wir weigern uns, wegzuschauen.
    Es ist Zeit zu handeln – gemeinsam. Zuhören. Unterstützen. Schützen. Und konkrete Mittel einfordern, damit es nie wieder zu Feminiziden oder versuchten Feminiziden kommt.

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    Feminizid

    19. Feminizid in der Schweiz im Jahr 2025

    Am 5. Juli wurden eine Frau und ihr Baby in Givisiez (FR) erstochen. Sie wurde 30 Jahre alt und das Baby sechs Wochen.

    Die beiden wurden am späten Nachmittag tot in ihrer Wohnung gefunden. Der Täter befand sich noch vor Ort und wurde festgenommen. Wir sind unendlich traurig und wütend und drücken den Menschen, die der Getöteten und ihrem Kind nahestanden unser tiefstes Beileid aus.

    Einmal mehr sprechen die Polizei und Medien von einem „Familiendrama“. Wie lange müssen wir noch betonen, dass genau solche Bezeichnungen Teil des Problems sind und dazu führen, dass diese unerträgliche Gewalt andauert? Indem patriarchale Gewalt als „häusliche“ oder „familiäre“ Gewalt bezeichnet wird, wird angedeutet, dass sie sei etwas Privates und habe nichts mit der Gesellschaft zu tun. Dabei erklärt nur die patriarchale Vorstellung vom „Oberhaupt“ der Familie, das alle Macht über die anderen Familienmitglieder hat, wie ein Mann auf die Idee kommen kann, zwei Leben brutal auszulöschen – darunter dasjenige eines sechswöchigen Babys!

    Was in Givisiez passiert ist, war kein „Familiendrama“. Es war das vorhersehbare und verhinderbare Resultat von patriarchaler Gewalt. «Kein Verbrechen fordert so viele Todesopfer wie Gewalt gegen Frauen», hat Bundesrat Beat Jans letzte Woche in einem Interview gesagt. Seit Anfang Jahr häufen sich die Ankündigungen der Kantone, sie würden «Massnahmen» ergreifen.

    Wir fordern einmal mehr, dass sofort genügend Plätze in Schutzhäusern geschaffen und niederschwellige Unterstützungsangebote grossflächig angeboten werden müssen. Menschen, die patriarchale Gewalt erleben oder sich bei einer Trennung vor solcher Gewalt fürchten, müssen einfach und unbürokratisch Hilfe suchen können. Besonders wichtig ist auch finanzielle Unterstützung, weil viele Personen aus wirtschaftlicher Abhängigkeit in einer gewaltvollen Situation ausharren.

    Daneben sind wir als Gesellschaft gefordert. Letzte Woche konnten sich zwei Frauen in Brittnau und in Oberägeri vor einem Feminizid retten, auch dadurch, dass Umstehende hingeschaut und eingegriffen haben. Die Politik kann und muss uns zwar die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen – für einen gesellschaftlichen Wandel müssen aber wir alle sorgen. Gemeinsam und solidarisch entwurzeln wir das Patriarchat und sorgen dafür, dass es keine weiteren Opfer mehr fordert!!

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    Feminizid

    Was es zum doppelten Feminizid in Hägendorf und Egerkingen auch noch zu sagen gibt

    Das Thema Sorgerecht ist seit Jahren zentral in antifeministischen und maskulinistischen Kreisen, deren Mantra lautet, Männer seien heute grundsätzlich benachteiligt. Das Sorgerecht werde einseitig ausgelegt und automatisch den Müttern zugesprochen, ist auch auf maenner.ch zu lesen. Die vier Beispiele auf der Homepage des «Dachverbands Schweizer Männer- und Väterorganisationen» zeigen aber schon bald, dass es weniger um das Kindeswohl geht. Die Titel lauten: Kostspielige Zeitspiele, Hälftig betreuen, einseitig zahlen, Zahlenspiele für Zahlväter, Wenn die Kindsmutter einfach wegzieht.

    Nein, den «sorgenden Vätern» geht es nicht darum, ihre Kinder öfter zu sehen – sie wollen weniger Unterhalt bezahlen und die Kontrolle über ihre Ex-Partnerin behalten. Wer sich nicht von Anfang an benachteiligt fühlte, dem ergeht es spätestens nach dem Kontakt mit den sogenannten Männer- und Väterorganisationen so, die sich nicht zu schade sind, emotionale Ausnahmesituationen wie Trennungen auszunutzen. Dazu kommen oft wunderliche esoterische Männlichkeitsrituale und Kurse, um sich in seiner Männlichkeit zu stärken und sich unter Männern zu treffen, die für viel Geld angeboten werden.

    Wen wundert’s, wenn das Ganze irgendwann in offenen Frauenhass umschlägt. Der kanadische Forscher Francis Dupuis-Déry hat sich in seinem Buch «La crise de la masculinité» mit den Gründern von maskulinistischen Organisationen in Quebec auseinandergesetzt. Die meisten waren schon mit Gewalt an Frauen aufgefallen. Auch in der Schweiz wird Gewalt an Frauen unverhohlen verharmlost. Kleines Müsterchen gefällig? Wir zitieren von der Homepage der «Schweizerische Vereinigung für gemeinsame Elternschaft»:

    «Der Leitfaden, welcher als Positionspapier im Auftrag der Kantonalen Konferenz der Polizei- und Justizdirektorinnen und -direktoren (KKJPO) und der Konferenz der Kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren  (SODK) erarbeitet wurde, […] dient nun als Grundlage für die Schweizerische Praxis. Dieses Positionspapier erachten wir allerdings als «problematisch». Der Leitfaden orientiert sich am Frankfurter Leitfaden und dieser wiederum an der Istanbul-Konvention. […] Die Kritik richtet sich gegen die einseitige Betrachtung der Thematik «häusliche Gewalt». Der Anhang 11 […] spricht nur von spricht nur von Gewalt gegen Frauen, diese Betrachtung ist nicht inklusiv und dient der gemeinsamen Bekämpfung in keiner Weise.»

    Sehr aktives Mitglied dieser Vereinigung ist der Mitte-Politiker Oliver Hunziker, der auf seiner Homepage das Thema «Häusliche Gewalt» bespricht. Erster Eintrag: «Täter und Opfer – Eine schwierige Unterscheidung». Hunziker ist wiederum bei «Gleichstellung Aargau», der kantonalen Gleichstellungsstelle, involviert. Auch dieses Vorgehen ist seit über fünfzehn Jahren bekannt und geläufig: Öffentliche Gleichstellungsgelder für maskulinistische Anliegen abzweigen. Gleichzeitig fehlt es massenhaft Plätze in Frauenhäusern und der Kanton Bern will die Notruflinie «AppElle» einstellen…

    Der doppelte Feminizid und der Mord in Hägendorf und Egerkingen zeigen einmal mehr, dass wir Maskulinismus auch in der Schweiz als Problem ernst nehmen müssen. Das Patriarchat tötet – und der Maskulinismus feuert es dabei an und giesst Öl ins Feuer.